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Karl Ivar Refseth Trio – new album Devotion
Karl Ivar Refseth Trio – Devotion
February, 2022
EAN/UPC: 705304470220
Traumton CD: 4702
Karl Ivar Refseth Trio – Devotion
February, 2022
EAN/UPC: 705304470220
Traumton CD: 4702
Florian Favre – Idantitâ
January 21, 2022
EAN/UPC: 705304470428
Traumton CD: 4704
Fabiana Striffler – Archiotíc
October 08, 2021
EAN/UPC: 705304469927
Traumton CD: 4699
Erkin Cavus & Reentko Dirks – Istanbul 1900
September 24, 2021
EAN/UPC: 705304469729
Traumton CD: 4697
„Erkin Cavus und Reentko Dirks bringen in ihrer Musik die Welten von Ost und West zusammen.“ (Milliyet, Türkei) Vielen erscheint Istanbul als ein von Mythen und Traditionen umrankter Sehnsuchtsort, andere betrachten es als Symbol für wirtschaftlichen Fortschritt. Seit den Gezi Park-Protesten 2013 sieht Westeuropa in der pittoresken Metropole am Bosporus mehr als die Hagia Sofia und andere Kulturdenkmäler. Registriert werden auch gesellschaftliche Entwicklungen. Der Gitarrist Erkin Cavus verbrachte viele Jahre seines Lebens in der riesigen, hochverdichteten und oft hektischen Stadt. Hier hat er Karriere gemacht, an der Seite berühmter Künstler gespielt, ehe er vor rund vier Jahren nach Deutschland zog. Nun setzt Cavus, zusammen mit Reentko Dirks, dem historischen Istanbul ein klingendes Denkmal. Inspiriert von Bildern des berühmten Fotografen Ara Güler (1928-2018), der als einfühlsamer und detailverliebter Beobachter zum Chronisten des Lebens seiner Heimatstadt wurde. Seine Aufnahmen des mittlerweile verblassten, teils unwiederbringlich zerstörten Istanbul und der ehedem höchst unterschiedlichen Stadtteile hängen längst in Museen. „Was ihm bildlich gelungen ist, möchten wir musikalisch umsetzen: eine Welt einzufangen und zu bewahren, die es nicht mehr gibt, deren Echos aber noch spürbar sind“, erklärt Reentko Dirks. Heraus gekommen sind suggestive Momentaufnahmen, feingliedrig und nuanciert gespielt. Das Duo konzentriert sich bewusst auf meist ruhige Töne, die das damals noch vergleichsweise langsame Leben assoziieren. Die leise Klangsprache versteht sich auch als Statement zur Gegenwart. Sie setzt sich ab vom heute allgegenwärtigen Getöse, ob im Verkehr oder in der alltäglichen Sprache. So schwingt in der Musik auch eine politische Haltung, die im Booklet ihre Fortsetzung findet: Istanbul 1900 ist 150.000 traditionellen Händlern, Künstlern und Arbeitern gewidmet, die 2020 ihre Arbeit verloren haben. Cover und Booklet des Albums zeigen Fotos von Ara Güler, darüber hinaus geben kurze Anmerkungen zu den einzelnen Stücken Fingerzeige auf die darin anklingenden Orte und Szenen. Wer schon einmal am Galata Hafen den geduldigen Anglern zugeschaut hat, mag vielleicht noch unmittelbarer in die stimmungsvolle Musik eintauchen als jene, deren Phantasie und Reiselust von Cavus und Dirks angeregt wird. Auffallend ist, dass die beiden sensiblen und hochversierten Gitarristen typische Stilmittel des Orients allenfalls anklingen lassen, aber nicht ins Zentrum stellen. Noch weniger trumpfen sie mit rasanter Technik auf. Zwar basieren viele Titel auf ungeraden Takten, etwa Galata Liman und Sokak Arasi(jeweils 9/8) oder Pera (17/8), doch machen sich die komplexen Metren im sanften Fluss der Musik kaum bemerkbar, zumindest nicht aufs erste Hören. Gleiches gilt für Vierteltöne. Erkin Cavus ist bekannt für seine Virtuosität auf einem bundlosen Gitarrenhals, der ihm das Spiel von Mikrotönen erlaubt, ähnlich wie auf der Laute Oud. Natürlich gibt es solche Vierteltöne auf Istanbul 1900, sie alleine wirken aber noch nicht stilbildend. Der Gestaltungswillen des Duos reicht weiter und reflektiert die unterschiedlichen persönlichen Hintergründe der beiden Musiker. „Damals wurden die Kinder in der fünften Klasse gefragt, welches Instrument sie lernen wollen“, erklärt Erkin Cavus, wie er zum Gitarrenunterricht kam. Geboren 1977 in Bulgarien, verfrachtete ihn der Umzug seiner türkischstämmigen Eltern 1989 nach Istanbul. „Musikalisch war ich von Anfang an eher westlich orientiert. Als Kind lernte ich drei, vier Jahre Klavier, doch schon da schätzte ich den Klang der Gitarre“, so Cavus. Seine auf westliche Klassik fokussierte Ausbildung bereicherte er durch Aktivitäten in verschiedenen Bands. 1996 begann Cavus, seine Technik auf dem bundlosen Hals zu entwickeln und ließ sich eine erste Spezialgitarre bauen. Inspiriert von Erkan Ogur, der laut Cavus als Pionier diese neue Spieltechnik etablierte. „Unter Gitarristen, die sich mit Viertel- und Mikrotönen beschäftigten, war das ein enormes Thema“, erinnert sich Cavus. Anfang der Zweitausender reifte in ihm der Plan, ein Meisterklassenstudium in Deutschland zu absolvieren. Er begann in Weimar und wechselte dann nach Dresden, weil die dortige Hochschule einen multi-stilistischen Studiengang für Gitarre anbot. Genau dieser hatte auch Reentko Dirks angelockt. Ab 2003 bildeten die beiden das Duo Kalkan, im gleichen Jahr lud Cavus Erkan Ogur für Konzerte nach Dresden ein. Später feierte Kalkan erste Erfolge: das Duo gewann den Sonderpreis beim internationalen Gitarrenwettbewerb in Osnabrück, veröffentlichte das Album Planet Kalkan, schrieb einen Spielfilm-Score. 2005 musste Cavus zurück nach Istanbul. In den folgenden Jahren spielte er immer wieder mit Ogur, aber auch in der Band des türkischen Popstars Ferhat Göcer. Unterdessen machte Reentko Dirks (*1979) in Deutschland Karriere. Er entwickelte individuelle Spieltechniken auf der Gitarre, setzte sich intensiv mit Flamenco und arabischer Musik auseinander, wohnte ein halbes Jahr in Jerusalem. Für sein Album Sounds For The Silver Screen arbeitete er teilweise mit dem Komponisten Richard Horowitz, das folgende Le Cirque wurde 2013 für den Deutschen Schallplattenpreis nominiert. Zwischenzeitlich spielte Dirks mit internationalen Großmeistern (Yo-Yo Ma, Giora Feidman) und deutschen Pop-Stars (Ben Becker, Bosse, Max Mutzke). Die von Dirks co-arrangierte und eingespielte CD Carmen mit Ksenija Sidorova erhielt 2017 den Klassik-Echo. Seit 2019 ist er festes Mitglied des Quartetts Masaa, dessen poetische Songs zwischen arabischer Melodik und Jazz changieren und weithin hoch gelobt werden. 2017 zog Erkin Cavus unter dem Eindruck der Entwicklungen in der Türkei mit seiner Frau und zwei Kindern nach Dresden, diesmal um zu bleiben. „Wir haben uns getroffen und konnten trotz längerer Pause direkt wieder an frühere Zeiten anknüpfen“, erzählt Cavus hörbar begeistert. „Natürlich hatten wir uns zwischendurch immer mal gegenseitig besucht und auch vereinzelte Konzerte ohne Proben gegeben“, beschreibt Dirks das andauernde intuitive Einverständnis, das er „blindes Vertrauen“ nennt. Es resultiere auch aus der freundschaftlichen, fast schon familiären Nähe abseits der Musik und der klaren Rollenverteilung untereinander: Cavus übernimmt meist die Melodieführung, Dirks die rhythmischen bis perkussiven Parts. Bei der Entwicklung des Repertoires für Istanbul 1900 hat sich das Duo bewusst Zeit genommen. Der stärkste kompositorische „Flow“ entwickelte sich in den Wochen vor dem Studiotermin. Die individuelle Form der Stücke, die absichtsvoll konkrete Jazz- wie traditionellen Bezüge vermeidet, „hat sich ungeplant entwickelt“, so Dirks und Cavus sekundiert: „Eine direkte Anlehnung an Maqam-Ästhetik hätte vorausgesetzt, das wir beide vierteltönig spielen. Mit der Integration von harmonischen Aspekten geht es dagegen direkt und unweigerlich nach Westen.“ Letztlich hat auch der Aufnahmeort seine Spuren hinterlassen. „Das Waldhaus-Studio liegt tatsächlich mitten in der Natur und ist eine wundervolle Insel. Wir konnten uns dort, abseits von Autoverkehr und Internet, schnell in die alte Zeit vertiefen und uns völlig fokussieren. Wahrscheinlich hat diese Stimmung das Album noch etwas impressionistischer werden lassen“, konstatiert Reentko Dirks. Das mag auch die bemerkenswerte Klarheit der Einspielungen erklären, die nachträgliche Edits überflüssig machte. Dafür genügten zwei Aufnahmetage und ein bis drei Takes pro Stück. Istanbul 1900 ist eine atmosphärische Hommage, die mitunter nachdenklich klingt, dann wieder zarte Leichtigkeit suggeriert. Angesichts des Themas Vergänglichkeit und des Umstands, dass Erkin Cavus seiner Heimatstadt nicht ganz freiwillig Adieu sagen musste, ist ein Hauch Melancholie sicher keine überraschung. Gleichwohl vermeiden die beiden Musiker jedes dramatische Pathos. Ihre Töne zeichnen, ganz im Geist der Schwarzweiß-Fotos Ara Gülers, feine Schattierungen. Selbst wenn sie in Moda schwungvoll das Nachtleben der großstädtischen Bohème oder in Pera die Dynamik in Straßencafés und -kneipen nach Feierabend imaginieren. Insgesamt entwickelt Istanbul 1900 einen sehr eigenen, subtilen Zauber, den man so nur selten erlebt. Ganz wie die Stadt, die an der Schnittstelle von Orient und Okzident Welten verbindet. |
Mario Rom’s Interzone – Eternal Fiction
January 15, 2021
EAN/UPC: 705304469422
Traumton CD: 4694
Wer nach einer Beschreibung für Mario Rom‘s INTERZONE sucht, stößt unweigerlich auf Superlative. „Mario Rom spielt Soli, die in Europa ihresgleichen suchen – ruhig, beharrlich, ideenreich, virtuos“ schrieb beispielsweise die ZEIT. Die Süddeutsche Zeitung ging sogar noch einen Schritt weiter: „Rom spielt Trompete, als hinge sein Leben davon ab. Was Interzone an Einfällen und Inspirationen in einen einzigen Titel packen, davon füttern andere Instrumentalisten ihre gesamte Karriere.“ Solch euphorische Reaktionen von einigen der wichtigsten Vertretern des deutschsprachigen Feuilletons sind gewiss keine Selbstverständlichkeit für eine Österreichische Band mit einem Altersdurchschnitt von knapp über 30 Jahren. Und wirklich hat das aus Mario Rom, Lukas Kranzelbinder und Herbert Pirker bestehende Dreiergespann binnen kürzester Zeit ungewöhnlich große Aufmerksamkeit von Publikum und Medien rund um den Globus erhalten. So schreibt beispielsweise der Hauptkritiker des renommierten Rochester Jazz Festivals in New York nach einem Konzert des Trios von „einem der unterhaltsamsten und spannendsten Acts des diesjährigen Festivals“ und geht sogar so weit zu behaupten, er habe „noch nie, egal wo auf dieser Welt, eine Gruppe von Musikern gehört, die – im wahrsten Sinne des Wortes – so unglaublich miteinander ‚spielen‘ wie dieses Trio.“. In der zunächst eher ungewöhnlich erscheinenden Besetzung Trompete – Bass – Schlagzeug schaffen es die drei „Virtuosität und Humor zu einer unterhaltsamen Einheit zu verwirbeln“ (FAZ) und „erwecken zuweilen den Eindruck, als wären da vier, fünf oder mehr Musiker am Start“ (Jazzthing). Seit nun schon fast 10 Jahren folgt Interzone seinem Motto „Alles ist erlaubt“ und verbreitet seine einzigartige Bühnenenergie von Europa über Mexiko, Argentinien, Kanada, die USA, China, Marokko, Südafrika bis nach Marokko. Wer jetzt glaubt, dass die bisherigen Aussagen ein wenig dick auftragen, dem sei zum Schluss noch ein Pressebericht über ein Konzert am INNtöne-Festival 2014 ans Herz gelegt: „Ihr makelloses Zusammenspiel atmet eine Vitalität, die das Publikum um Zugaben betteln lässt, bis das Repertoire ausgeht. So fängt sie wahrscheinlich an, die Unsterblichkeit.“
Natürlich kann man jetzt behaupten, dass hier eine enorm hohe Erwartungshaltung heraufbeschworen wird. Man kann es aber auch so sehen: Hier spielen 3 junge Musiker den Jazz auf 180 Prozent und mit einer Überzeugung, als ob es jeden Abend um ihr Leben gehen würde. Ihr 10-Jahres-Jubiläumsalbum Eternal Fictionleitet nach Nothing is True (2012), Everything is Permitted (2015) und Truth is Simple to Consume (2017) nun eine neue Dekade ein und lässt das Trio erneut einen Gang höher schalten. Also einfach zurücklehnen und genießen. Kommen Sie in die INTERZONE, Sie werden es nicht bereuen!
Eternal Fiction
Nach drei Alben, die sich rund um das Thema „Truth“ gedreht haben, leitet Interzone mit seinem Jubiläumsalbum eine Dekade der „Fiction“ ein. Was zunächst scheinbar gegensätzlich erscheint, offenbart bei genauerer Betrachtung ein altbewährtes Bandkonzept: „Das Schöne an dem Titel ist, dass er sehr offen deutbar ist. Er lässt jegliche individuelle Interpretation zu, und das soll auch so sein,“ beschreibt Mario Rom und Lukas Kranzelbinder fügt hinzu: „Schon bei unseren vorherigen Alben ist es uns darum gegangen, eine gewisse Mystik um den Begriff ‚Wahrheit‘ aufzubauen (Anmerkung: „Nothing is True“ 2012, „Everything is Permitted“ 2015 „Truth is Simple to Consume“ 2017) und die Gedanken fliegen zu lassen – das setzt sich mitEternal Fiction jetzt fort.“ Schlagzeuger Herbert Pirker führt weiter aus: „Wir sind alle Fans von Kunst, die einem nicht sofort alles erklärt, sondern viel Spielraum für die eigene Fantasie lässt. Und diese Aura des Geheimnisvollen und Unklaren spielt bei Interzone schon immer eine große Rolle.“
Von Beginn an zeichnete sich Mario Rom’s INTERZONE wie kaum ein anderes junges europäisches Trio mit einem ganz eigenen Bandsound aus und diese Klarheit, die Intensität und Kompromisslosigkeit ziehen sich auch durch Eternal Fiction. Was bei diesem Jubiläumsalbum jedoch zusätzlich heraussticht, ist die enorme Flexibilität der drei Musiker. So wechseln sich Stücke in gewohnt aufbrausender Interzone-Manier immer wieder mit Momenten der Zerbrechlichkeit und Zartheit ab, deren intensive Stimmungen sich dem Bild der Eternal Fiction völlig hinzugeben scheinen. Die Virtuosität von Mario Roms Trompetenspiel leuchtet in allen Bereichen auf, ohne je im Vordergrund zu stehen. Genau so verhält es sich mit Lukas Kranzelbinder und Herbert Pirker, die gemeinsam mit Rom etliche – für diese Besetzung fast unglaubwürdige – Klangwände heraufbeschwören, um die Zuhörer*innen kurz vergessen zu lassen, dass hier nur drei Personen am Werk sind. Nur wenige Bands arbeiten so kontinuierlich über 10 Jahre zusammen wie Mario Rom’s INTERZONE und das hört man auf Eternal Fictionauch deutlich. Während Rom in den letzten Jahren eher als Geheimtipp gehandelt wurde und vor allem als Protagonist in Erwin Wagenhofers Film But Beautiful und Solist bei Shake Stewfür Furore sorgte, so tritt er mit Interzone und diesem neuen Album ins Rampenlicht und belegt die einmalige Stellung dieses Trompete-Bass-Schlagzeug-Trios in Europa. Die Dekade dieser Band hat gerade erst begonnen!
Simon Below Quartet – Elements of Space
September 18, 2020
EAN/UPC: 705304468920
Traumton CD: 4689
Simon Below Quartett
Elements Of Space
Schon das 2018 erschienene Debütalbum des Simon Below Quartett, Wailing Wind’s Story, ließ viele aufmerken, ebenso wie die folgenden Konzerte. Thomas Mau lobte im WDR3 „das enorme Niveau ihrer Interaktionen“, Norbert Krampf hob in der FAZ die „Achterbahn ähnliche Dynamik und unerwartete Wendungen“ eines Auftritts hervor und resümierte: „Belows offene, variable Kompositionen lassen Raum für individuelle Gestaltung, den die Band mal bemerkenswert abgeklärt, mal mit juveniler Spielfreude ausfüllt.“
Im August 2018 trat das Simon Below Quartett beim internationalen Jazzfestival Avignon auf und gewann dort den Grand Prix du Jury: drei Aufnahmetage im berühmten La Buissonne Studio im südfranzösischen Pernes les Fontaines. Hier wurden bereits unzählige ECM-Produktionen eingespielt (z.B. von Tigran Hamasyan, Florian Weber, Nik Bärtsch, Kristjan Randalu), ebenso solche von Klaviergroßmeistern wie Joachim Kühn, Brad Mehldau, Ahmad Jamal und Carla Bley. Neben den Studiotagen im Sommer 2019 umfasste die Auszeichnung einen erneuten Festival-Auftritt auf der dortigen Hauptbühne, dem begeisterte Artikel in französischen Jazzmedien folgten.
Elements Of Space präsentiert nun die Aufnahmen aus La Buissonne. Es liegt sicher nicht nur am herausragenden Klang und am Geist des Studios, dass die nuancierte Musik des Albums mitunter an Produktionen aus dem Hause ECM erinnert. „Kammerjazz mit Push“ nennt Simon Below augenzwinkernd den Stil seiner dynamischen Band, die sich souverän zwischen nuancierten, lyrischen und zupackenden Passagen bewegt. Nicht selten sogar innerhalb eines Stückes, wie der Aufmacher Wasserschwimmer eindrucksvoll zeigt. Belows Kompositionen sind bemerkenswert ausgereift und vielschichtig, was zweifellos auch seinen unterschiedlichen Inspirationsquellen zu verdanken ist. Sie umfassen Jazz-Klassiker (Bill Evans, Miles Davis, Herbie Hancock, John Coltrane) und zeitgenössische Künstler*innen (Sylvie Courvoisier, Tyshawn Sorey), darüber hinaus Bela Bartók (u.a. wegen dessen für die damalige Zeit innovativen Überlagerungen von zwei unterschiedlichen Harmonien) und Frédéric Mompou.
Verglichen mit dem Debüt spielen auf Elements Of Space Belows detailscharfe Kompositionen eine prägnantere Rolle. Trotzdem lässt er seinen Bandpartnern bei Umsetzung weiterhin Raum für eigene Ideen. „Die Stücke enthalten Aufhänger, die den Improvisationen gewisse Formen geben“, erklärt Below. „Im modalen Hymn To The Stars beispielsweise bleibt die Melodie stets präsent, einzelne Musiker können sie als Sprungbrett nutzen und unterschiedliche Formteile spielen.“ Das gravitätische Isonoe ist ebenfalls modal und offen angelegt, Raindrops und Sandstone hingegen setzen mehr auf feste Strukturen – mit gewitzten Brüchen, etwa wenn in Sandstone mehrfach das Tempo wechselt. „Wichtig ist, auf Risiko zu gehen, sich nicht zu sehr an die Regeln zu halten, sondern Mut zu haben, auszubrechen“, sagt Simon Below, „wohl niemand möchte ein Album, auf dem alle ganz vorsichtig agieren. Dazu gehört auch, erweiterte Spieltechniken einzusetzen – und dass mich Fabian immer wieder herausfordert, energetisch zu spielen.“
Tatsächlich bilden das eher subtile als auftrumpfende Naturell des Pianisten und der entschlossene, bisweilen geradezu aufbrausende Gestus des Saxophonisten interessante Spannungsfelder. Während Below „auch noch distinguiert und relativ introvertiert klingt, wenn er schnellere Akkordfolgen ins Dissonante driften lässt“ (FAZ), kontert Dudek mit markantem, zwischen warmen Timbre und rauen Modulationen changierendem Ton. Bereits 2016 erhielt er mit der Band The Where Me?! das hoch dotierte Jazzstipendium der Stadt Frankfurt, 2017 wurde er als Solist beim „Jungen Deutschen Jazzpreis Osnabrück“ ausgezeichnet. „Mit seiner energiegeladenen, häufig ekstatischen Ausdruckskraft ist Fabian der expressivste der Quartetts – und wir wissen damit umzugehen“, lacht Below.
Das perfekte Einverständnis innerhalb der 2016 gegründeten Band lassen die vorliegenden, in nur zwei Tagen entstandenen Aufnahmen klar erkennen. Sechs der acht Stücke fanden sich schon zuvor im Live-Repertoire, das besagte Hymn To The Stars wurde ebenso wie John Taylors Windfall spontan eingespielt. Von Hymn gibt es genau die zwei Takes, die auf dem Album zu hören sind; nur wenige Titel wurden öfter, keiner mehr als vier Mal aufgenommen. „Die Atmosphäre im Studio ist wunderbar, den Spirit des Ortes haben wir automatisch aufgesogen. Unwillkürlich wurde alles noch intimer, sind wir noch aufmerksamer miteinander umgegangen.“
Am Klavier begann Below (*6.7.1995) in jungen Jahren mit der klassischen Schule, doch schon als Teenager bevorzugte er – beeindruckt u.a. von Keith Jarretts Solo-Werken – Jazz und Improvisationen. Glücklicherweise wurde er dabei von seinem damaligen Lehrer in Xanten gefördert. Dreimal gewann Below den 1. Preis bei Jugend Jazzt NRW (2009, ’12, ’14), 2017 erhielt er den Steinway Förderpreis NRW. Im folgenden Jahr wurde er Mitglied im Förderverein Live Music Now. An der Hochschule für Musik und Tanz in Köln lernte Below seine zukünftigen Bandpartner kennen, schon kurz nach der Gründung erhielt das Quartett ein Stipendium der Werner Richard – Dr. Carl Dörken Stiftung. „Ursprünglich haben wir uns bei Jamsessions angefreundet, dann habe ich die Sache in die Hand genommen und wurde zum Bandleader“, grinst Below. Wie er sind auch der agile Schlagzeuger Jan Philipp und Fabian Dudek Mitte Zwanzig, Bassist Yannik Tiemann ist ihnen um vier bis fünf Jahre voraus. Alle zählen zur viel beachteten nächsten Generation des deutschen Jazz und verfügen über individuelle Qualitäten. „Jan kann sich sehr fein einfühlen, unterstützt die Musik, weil er immer die Gesamtdramaturgie im Blick hat. Auch in Rubato-Passagen weiß er klangvolle Akzente zu setzen“, freut sich Below. „Und Yannik ist als Verbindung immens wichtig, weil er dafür sorgt, dass meine Harmonien gut klingen. Zudem stellt er geschmackvoll Bezüge zu meinen Kompositionen her und sorgt für Formbewusstsein in der Band.“
Der Albumtitel Elements Of Space sowie die Namen einiger Stücke verweisen auf Simon Belows Interesse an Astrophysik. „Bilder aus dem All berühren mich sehr. Das Universum scheint grenzenlos und geht auch in seiner Zusammensetzung über irdische Vorstellungen hinaus. Es gibt in der Astrophysik unentdeckte Dinge, die man sich derzeit auf bestimmte Art vorstellt, die aber letztlich vielleicht doch ganz anders aussehen. Der Zauber des Unvorhersehbaren, des Überraschungsmoments, spielt für mich auch in der Musik eine entscheidende Rolle.“
Strom & Wasser – Mann aus Stein
September 04, 2020
EAN/UPC: 70530446902
Traumton CD: 4690
Strom & Wasser
Mann aus Stein
Fast drei Jahre sind seit Erscheinen der CD Outspoken vergangen, vieles ist seitdem passiert. Die Tournee zur Veröffentlichung führte das Quartett unter anderem nach Tunesien, Aserbaidschan und Izmir sowie von Spanien bis England quer durch Westeuropa. Begeisterte Reaktionen von Publikum und Medien legten nahe, dass Masaa erfolgreich weiter ihren Weg gehen werden. Doch dann ein unerwarteter Bruch: Pianist Clemens Pötzsch verließ 2018 die perfekt eingespielte Band. „Nach einiger Überlegung haben wir uns dafür entschieden, mit Gitarre statt Klavier weiter zu machen“, erklärt Trompeter Marcus Rust, „zumal wir Reentko Dirks von unseren Studientagen in Dresden kannten.“ Weiterhin steht der eindringliche, zurückhaltend mit Arabesken verzierte Gesang Rabih Lahouds im Zentrum, prägen sein über mehrere Oktaven warmes Timbre und seine Ausdruckskraft bis in hohe Register alle Songs von Irade. Geblieben sind auch die feinsinnigen Arrangements, deren kraftvolle Dynamik zuweilen gängige kammermusikalische Rahmen sprengt. Dafür sorgt nicht nur der enorme Umfang von Lahouds gravitätischer Stimme, sondern auch das ausgesprochen variable, unverkennbar im zeitgenössischen Jazz angesiedelte Spiel von Rust und Drummer Demian Kappenstein. An ihrer Seite kreiert nun Reentko Dirks nuancierte, in dieser Form bei Masaa noch nicht gehörte Klänge, dank seiner speziellen akustischen Gitarre, aus deren Körper zwei Hälse wachsen. Mehr denn je kreiert das Quartett eine konsequent eigenständige, unvergleichliche Klangsprache, die in vieler Hinsicht künstlerisch vereint, was von anderen gern durch imaginäre Schranken oder echte Grenzen getrennt wird.