Release October 04, 2013
EAN/UPC: 705304459027
Traumton CD: 4590
Lineup
Erika Stucky: vocals, accordion, movies David Coulter: singing saw, violectra, bass Terry Edwards: bass, guitar, saxophone, pocket trumpet Michael Blair: drums, percussions
Info / Info english
Erika Stucky – Black Widow
„Schauspieler inspirieren mich viel stärker als Musik“, stellte Erika Stucky schon vor Jahren in einem Interview fest, „wenn Jeanne Moreau durch einen Klassiker stöckelt, fallen mir sofort mindestens drei Texte ein.“ Filmfiguren spielen immer wieder tragende Rollen in Stuckys Songs, mal als diffuse Traumbilder, mal als klar erkennbare Charaktere. Längst dreht die Künstlerin aus Zürich für ihre Bühnenprogramme eigene Kurzfilme, in denen sie zuweilen berühmte Szenen auf eigenwillige Art neu interpretiert. Wer das Booklet von Black Widow genau betrachtet, findet auch dort einen listigen Verweis auf dieses Genre.
„Während wir die Stücke mischten, ist James Gandolfini gestorben, der in The Sopranos“ die Hauptrolle des Tony Soprano verkörpert“, erinnert sich Erika Stucky und erzählt, dass sie schon vorher alle Folgen der gefeierten Mafia-Serie geradezu aufgesaugt hatte. „Ich bin in die Filme hineingekrochen und habe die Eindrücke später in vielen Songs wieder ausgedünstet“, grinst Stucky, „besonders natürlich in Mob Mama mit seinen direkten Zitaten.“
Eine weitere Inspirationsquelle für Black Widow lieferte Tom Waits, allerdings nicht in seiner Rolle als Schauspieler. 2011 war Erika Stucky an der Rain Dogs-Show beteiligt, die David Coulter als musikalischer Leiter auf die Bühne brachte. Der Musiker und Arrangeur Coulter gehört schon lange zum engsten Umfeld von Tom Waits, wirkte bereits beim legendären Theaterstück Black Rider mit, das seinerzeit Bob Wilson inszenierte. Das 18-köpfige Ensemble der Rain Dogs-Revue war hochkarätig besetzt, neben Coulter und Stucky u.a. mit Terry Edwards, Martyn Jacques (Tiger Lillies), Jane Birkin, St. Vincent, Steve Nieve (Pianist von Elvis Costello). Entsprechend überschwänglich wurden die Auftritte, u.a. beim Festival in Montreux, gefeiert. Danach war Stucky klar, dass sie ihr nächstes Album mit Coulter und Edwards einspielen wollte. Die beiden stellten den Kontakt zu Michael Blair her, der vor Jahren mit Tom Waits auf Tournee war, ehe er in Stockholm sesshaft wurde.
„Diese Musiker können extrem feinsinnig sein und im nächsten Moment totalen Krach machen“, freut sich Stucky, „sie sind an unglaublich vielen Instrumenten wunderbar versiert und entfachen enorme Energieschübe; außerdem ist ihr Witz ausgesprochen trocken und scharf.“ So vereinten sie, sagt Stucky, eine ebenso subversive wie intellektuelle Haltung, nuanciertes Können und rebellisch-anarchischen Humor. Charakterzüge, die sich als rote Fäden gleichermaßen durch das Werk von Tom Waits wie durch die Ästhetik Erika Stuckys ziehen. Die Begeisterung für diese spezielle Ästhetik beruhe natürlich auf Gegenseitigkeit, sagt Stucky; die Musiker hätten sich gefreut, eine Sängerin mit „extended vocals“ (Coulter) zu begleiten und mal wieder in diesem besonderen Jargon spielen zu dürfen.
Dass ausgerechnet der ruppigste und lautmalerischste Song des Albums an dessen Anfang steht, zumal auch noch als eines der wenigen Covers, wurzelt in der Produktionsgeschichte von Black Widow. Während Stucky mit Michael Blair in Stockholm aufnahm, entwickelten sie eine Art Ritual, nämlich jeden Morgen drei Versionen des Songs Black Betty einzuspielen. Sozusagen als Aufwärm-Runde. Keine Überraschung, dass sich Stuckys Version anders anhört als das historische Original des Blues-Sängers Leadbelly. Der wuchtige Album-Auftakt zeigt Parallelen zu Stuckys Konzerten. „Ich komme ja immer mit Riesenkrawall auf die Bühne“, lacht die gelernte Schauspielerin, „deswegen fühle ich mich mit Black Betty zu Beginn der CD völlig daheim.“
Im weiteren Verlauf finden sich Songs, mit denen Stucky sich selbst überrascht hat und die auch ihren Fans möglicherweise neue Facetten offenlegen. Es gibt ruhige, fast versponnene Balladen wie Miles High, das „als vier Uhr morgens-Stück wie im Traum entstanden ist; eine Eingebung, über die ich immer noch staune.“ Vergleichsweise klar ist bei I’m Good die Inspirationsquelle. „Ich hatte mich für zwei Monate zum Schreiben in Amsterdam versteckt“, erklärt Stucky, „dort wohnte ich nahe am Rotlichtviertel.“ Das Locken der Frau im Schaufenster vermischt sich nun mit musikalischen Erinnerungen an Straßen in Philadelphia und den Broadway. Mittels ihrer Adaption von Helter Skelter sucht Erika Stucky immer noch die Bilder um Charles Mansons Massenmord zu verarbeiten, der in seinem Wahn sogar die Beatles für sich vereinnahmte. Das sparsam-zarte Cello-Arrangement von Easy kontrastiert vergrübelte Gedanken, One More flirtet mit Anklängen an Scott Walker-Streicher. Bei Watching Over Me habe sich Pianist Steve Nieve als Schutzengel erwiesen, indem er den Song sensibel co-komponierte.
Abgesehen von wenigen dramatischen Momenten zeigt Black Widow vor allem Erika Stuckys typischen Humor. Er manifestiert sich in abwechslungsreichen Arrangements, ihrem ungewöhnlich variablen Gesang und kleinen Zitaten, die wie Wetterleuchten am Horizont vorbeiziehen. Letztlich ist auch das neue Album der sehr persönliche Ausdruck einer selbstbewussten Künstlerin. „Für mich ist es total stimmig, dass ich manchmal Schweinsohren trage, auch wenn das auf andere völlig absurd wirken mag“, sagt Erika Stucky, „was ich mache, entsteht aus einem intuitiven Prozess, daher ergibt es für mich absolut Sinn.“
Die Band:
– David Coulter (keyboards, guitars, singing saw, violin) war musikalischer Direktor von „Rain Dogs Revisited“ und davor bei dem Musical „The Black Rider“ von Robert Wilson und Tom Waits engagiert. Außerdem arbeitet er u.a. mit The Pogues, dem Kronos Quartett, Marianne Faithful und Yoko Ono.
– Terry Edwards (bass, saxophone, trumpet, flugelhorn, keyboards) war ebenfalls bei The Black Rider engagiert und spielt u.a. mit Ian Dury’s Blockheads, PJ Harvey, Nick Cave, und den Tindersticks.
– Michael Blair (drums, percussion) war bei Waits‘ berühmtestem Album „Rain Dogs“ dabei und arbeitet u.a. mit Lou Reed, Jeff Buckley, Elvis Costello und Allen Ginsberg.
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Erika Stucky – Black Widow (english)
“Actors inspire me much more than music does”, Erika Stucky asserted in an interview already years ago. “When Jeanne Moreau totters through a movie classic, I immediately think of at least three song lyrics.” Movie characters play primary roles in Stucky’s songs again and again, sometimes as diffuse visions, another time as clearly recognizable characters. For a long time now, the artist from Zurich has been making her own short films for her stage programs, in which at times, she newly interprets well-known scenes in an individualistic style. If you carefully examine the booklet of Black Widow, you will find a cunning allusion to this genre there too.
“While we were in the mixing process of these pieces, James Gandolfini died, who enacts Tony Soprano, the main character in The Sopranos,” Erika Stucky remembers and tells that she had already previously virtually absorbed all episodes of the celebrated Mafia series. “I crawled deeply into the movies and later exhaled the impressions in many songs,” Stucky grins. “Especially, of course, in Mob Mama with its direct quotes.”
Tom Waits provided another source of inspiration for Black Widow, though not in his role as an actor. In 2011 Erika Stucky took part in the Rain Dogs-show, which brought David Coulter to the stage as a musical director.The musician and arranger Coulter has been a part of Tom Wait’s closest circle for years and already participated in the legendary theatre production Black Rider, which was staged by Bob Wilson at the time. The 18-piece ensemble of the Rain Dogs revue had a top class line-up; besides Coulter and Stucky, with Terry Edwards, Martyn Jacques (Tiger Lillies), Jane Birkin, St. Vincent and Steve Nieve (Elvis Costello’s pianist) among others. The shows were celebrated accordingly exuberantly, at the festival in Montreux for example. After that it was clear to Stucky that she wanted to record her next album with Coulter and Edwards. These two established the connection to Michael Blair, who toured with Tom Waits years ago, before he settled down in Stockholm.
“These musicians can be extremely subtle and make total noise just a moment later”, Stucky happily exclaims. “They are wonderfully adept on incredibly many instruments and arouse tremendous bursts of energy; furthermore they have downright dry and sharp humor.” This is how, according to Stucky, they unified a both subversive as well as intellectual attitude, finely nuanced skill and rebellious-anarchistic humor. Characteristics that are equally present as central themes in Tom Wait’s works as in Erika Stucky’s aesthetic. Of course the enthusiasm for this special aesthetic is mutual, Stucky says; the musicians were happy to accompany a singer with “extended vocals” (Coulter) and to be able to play in this unique jargon again.
That the album begins with the most abrasive and onomatopoeic song, even though it is also one of the few covers, is rooted in the production story of Black Widow. While Stucky was recording with Michael Blair in Stockholm, she developed kind of a ritual: every morning she would record three versions of the song Black Betty. As a warm-up round, so to say. It’s no surprise, that Stucky’s version sounds different from the historic original from blues-singer Leadbelly. This massive album opening shows parallels to Stucky’s concerts. “I always come on stage with huge tumult”, the skilled actress laughs. “That’s why I feel very much at home with Black Betty as the first track of the CD.”
In the further process Stucky found songs with which she surprised herself and that might also reveal new facets to her fans. There are quiet, almost meditative ballads like Miles High, that “came to me at 4-A.M. one morning like from a dream; a spontaneous inspiration that still amazes me.” Much clearer is the source of the idea for I’m good.“I was hiding for two months in Amsterdam to work on writing”, Stucky explains. “There I was living close to the red light district.” The luring of the woman in the window now mixes with musical memories of streets in Philadelphia or Broadway. Through her adaption of Helter Skelter Erika Stucky still seeks to come to terms with the scenes of Charles Manson’s mass murder, who even engrossed the Beatles in his delusion. The frugal-delicate cello arrangement of Easy contrasts brooding thoughts, One More flirts with allusions to Scott Walker strings. On Watching Over Me pianist Steve Nieve turned out to be a guardian angel, by very sensibly co-composing the song.
Aside from few dramatic moments, Black Widow especially shows Erika Stucky’s typical Humor. It demonstrates itself in diversified arrangements, her unusually variable vocals and small citations, which flash by like sheet lightning on the horizon. Finally, also the new album is a very personal expression of a self-confident artist. “For me it is totally coherent, that I wear pig-ears sometimes, even if that might seem completely absurd to others”, says Erika Stucky. “What I do arises from an intuitive process, therefore it makes absolute sense to me.”
The Band:
– David Coulter (keyboards, guitars, singing saw, violin) worked as musical director of „Rain Dogs Revisited“ and on „The Black Rider“ with Robert Wilson and Tom Waits. Besides he worked with a.o.The Pogues, Kronos Quartet, Marianne Faithful and Yoko Ono.
– Terry Edwards (bass, saxophone, trumpet, flugelhorn, keyboards) worked on „The Black Rider“ and played with a.o. u.a. Dury’s Blockheads, PJ Harvey, Nick Cave, andTindersticks.
Michael Blair (drums, percussion) played on famous Tom Waits album „Rain Dogs“ dand worked with a.o. Lou Reed, Jeff Buckley, Elvis Costello and Allen Ginsberg.