Release October 23, 2015
EAN/UPC: 705304462423
Traumton CD: 4624
Lineup
Simon Heggendorn: violin & composition Ronny Spiegel: violin David Schnee: viola & composition Solme Hong: violoncello
Info / Info english
Kaleidoscope String Quartet – Curiosity
Ein Streichquartett muss nicht in der Kammermusik vergangener Jahrhunderte steckenbleiben. Das haben herausragende Ensembles wie Turtle Island String oder Kronos längst bewiesen. Ebenso entschlossen wie die genannten „Wegweiser“, aber auf ganz andere Art transzendiert das Kaleidoscope String Quartet (KSQ) das klassische Format in neue Dimensionen. Auf ihrem zweiten Album Curiosity faszinieren die Schweizer mit charismatischen Eigenkompositionen und markantem Sound. Souverän lassen KSQ Genregrenzen hinter sich, changieren zwischen Eleganz, Grandezza und unprätentiösem Geist. „Die Idee ist, unterschiedliche Stile, die uns geprägt haben, in unsere eigene Klangsprache zu überführen“, erklärt Simon Heggendorn, „wir komponieren eher aus der Perspektive des Musikers und des Publikums und erheben nicht den Anspruch, Avantgarde zu sein.“
Als das Kaleidoscope String Quartet 2009 gegründet wurde, waren die Musiker gerade Mitte bis Ende Zwanzig. Den Anlass lieferte eine größere Produktion, bei der die Streicher als Partner eines Jazzquintetts glänzten. Damals noch in teilweise anderer Besetzung, beschlossen sie nach Abschluss des Projekts, „etwas eigenes auf die Beine zu stellen.“ 2011 erschien das Debütalbum Magenta, europaweite Auftritte und viel Presse-Lob folgten. 2012 wurde das Ensemble mit dem ZKB Jazzpreis ausgezeichnet, was den Tagesanzeiger Zürich jubeln ließ: „Noch nie […] gab es einen Sieger, der sich mit einer solchen Souplesse [= Geschmeidigkeit. Anm. des Verf.] den Preis erspielt hätte.“
Der spezielle Charakter des KSQ basiert auf einer musikalischen Offenheit, die sich laut Hauptkomponist Heggendorn bei allen Beteiligten schon während des Studiums zeigte. „Es geht uns darum, Interaktion, Spontaneität und Improvisation musikalisch zu leben“, zieht der Violinist unausgesprochen eine Abgrenzung zu Klassik-Kollegen, „dabei spielen wir auch mit den Klangmöglichkeiten, die ein Streichquartett bietet.“ Der Titel des aktuellen Albums, Curiosity, könnte kaum passender sein, denn die Musik von KSQ signalisiert Neugier auf bislang noch wenig erforschtes musikalisches Terrain. „Die aktuellen Stücke sind persönlicher, die Kompositionen haben an musikalischer Tiefe gewonnen und sind insgesamt vielleicht etwas ruhiger als auf Magenta“, beschreibt Simon Heggendorn die Entwicklung. „Zwei Stücke hat David Schnee beigesteuert, was natürlich zusätzliche Facetten bringt. Zudem bewegen wir uns generell auf einem höheren Niveau, denn seit Magenta haben wir rund 70 Konzerte gespielt.“
Gerade weil die vier ihre Instrumente hervorragend beherrschen, flirten sie gerne mit einem gewissen Risiko, setzen auf Courage statt Perfektionismus. Beispielsweise haben sie sämtliche Notenblätter und dazugehörige Ständer von der Bühne verbannt. Schon die Aufnahmen klingen ungewöhnlich lebendig, spielen mit Leichtigkeit und Detailschärfe, Transparenz und Verdichtung. „Sehr wichtig sind uns die Aspekte Groove und rhythmischer Drive“, beschreibt Heggendorn die Band-Prioritäten, „Virtuosität ist nicht unser erstes Ziel, sie kann aber in Soli aufleuchten.“ Fast alle Stücke lassen Räume für Solo-Improvisationen, live wird das akustische Panorama bisweilen um ad hoc kreierte Geräuschkulissen und stimmungsvolle Klangflächen erweitert. In manchen Passagen scheinen vertraute Harmonien oder Melodien vorbei zu wehen, sie manifestieren sich aber nicht, bleiben vielmehr eine diffuse Ahnung. Das Mäandern zwischen imaginären Erinnerungen und unerwarteten Eindrücken verführt. Wie sie auf ihre teils assoziativen Ideen kommen, beantworten die beiden Komponisten überraschend unterschiedlich: „Ziemlich bewusst“, erklärt David Schnee und Simon Heggendorn sagt: „sehr intuitiv.“
Die stilistische Spannweite des Kaleidoscope String Quartet ist mutig, denn die Musiker denken beim Schreiben und Spielen nicht über mögliche Schubladen oder gar Strategien nach. „Wir empfinden es einfach als Chance, etwas Eigenständiges entwickeln zu können“, sagt Simon Heggendorn. Bestätigt wird diese undogmatische Haltung durch viele erfolgreiche Konzerte der letzten Jahre, in denen das Publikum begeistert reagierte. Klassik-, Jazz- und aufgeschlossene Pop-Hörer lassen sich von der unkonventionellen und frischen Ausstrahlung der Musiker fesseln. Und sollten vereinzelte Puristen oder Traditionalisten irritiert die Augenbrauen heben, wird das von KSQ großzügig in Kauf genommen.
Übrigens, damit keine Missverständnisse entstehen: die Landschaftsaufnahme des Albumcovers verbeugt sich nicht etwa vor der eidgenössischen Heimat. Das Panorama illustriert vielmehr jene räumliche Weite, die auch den Klang des Kaleidoscope String Quartet’s bestimmt.
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Kaleidoscope String Quartet – Curiosity (english)
A string quartet doesn’t necessarily need to be stuck in the chamber music of past centuries. Outstanding ensembles like the Turtle Island String or Kronos have long proven that. The Kaleidoscope String Quartet (KSQ) transcends the classical format into new dimensions equally determinedly as the named “trailblazers”, but in a completely different way. On their second album Curiosity the Swiss musicians captivate with charismatic original compositions and distinctive sound. KSQ confidently leave genre boundaries behind and change between elegance, grand air and unpretentious spirit. “The idea is to integrate the different styles that have influenced us, into our own voice,” Simon Heggendorn explains. “We compose more from the perspective of the musician and the audience and don’t raise the claim to be avant-garde.”
When the Kaleidoscope String Quartet was founded in 2009, the musicians were only in their mid to late twenties. A major production, where the string players impressed as partners of a jazz quintet, provided the occasion. At that time – still with a partly different line-up – they decided to “get something going on their own.” In 2011 their debut album Magenta was released and Europe-wide shows and a lot of praise from the press followed. In 2012 the ensemble was awarded the ZKB Jazz-Prize, about which the Tagesanzeiger Zürich jubilated: “Never before has there been a winner, who has scored this prize with such souplesse [= litheness. Author’s note].
The special character of the KSQ is based on a musical openness. According to the main composer Heggendorn, this already presented itself in all involved musicians during college. “To us, it is about living the interaction, spontaneity and improvisation musically,” the violinist implies a differentiation from classical music colleagues, “whereupon we also play with the sound possibilities a string quartet has to offer.” The title of the current album, Curiosity, could not be more fitting, because the music of the KSQ signalizes inquisitiveness for a musical ground that has been little explored so far. “The current pieces are more personal, the compositions have gained musical depth and overall they are perhaps a bit quieter than on Magenta,” Simon Heggendorn describes the development. “David Schnee contributed two pieces, which of course brings in additional facets. Besides, we have a much higher level in general, because we have played around 70 concerts since Magenta.”
Precisely because the four players outstandingly master their instruments, they enjoy flirting with a certain risk and place their emphasis on courage instead of perfectionism. They have banned all sheet music and the appendant music stands from stage for example. Even the recordings sound unusually lively and play with airiness and attention to detail, with transparency and densification. “The aspects of groove and rhythmic drive are very important to us,” Heggendorn describes the bands priorities, “virtuosity is not our primary objective, although it can flash up in solos.” Almost all pieces leave room for solo-improvisation and when playing live, the acoustic panorama is occasionally broadened by ad hoc created noises and atmospheric soundscapes. In some passages familiar harmonies and melodies seem to drift by, but don’t manifest themselves and rather remain a diffuse anticipation. The meandering between imaginary memories and unexpected effects is seducing. To the question, how they get their partly associative ideas, the two composers answer surprisingly differently: “Quite consciously,” David Schnee explains and Simon Heggendorn says: “very intuitively.”
The stylistic range of the Kaleidoscope Sting Quartet is courageous, because the musicians do not think about possible categories or strategies when composing and playing. “We just see it as a chance to be able to develop something unique and independent,” says Simon Heggendorn. Plenty of successful concerts with thrilled audiences affirm this undogmatic attitude. Classical music, jazz and open-minded pop listeners are enthralled by the unconventional and fresh charisma of these musicians; and should a few purists or traditionalists raise their eyebrows with irritation, the KSQ ungrudgingly accept this.
By the way, so that there are no misunderstandings: the landscape shot on the album cover does not bow to the confederate homeland. The panorama rather illustrates that spatial vastness, which also characterizes the sound of the Kaleidoscope String Quartet.