Release January 25, 2019
EAN/UPC: 705304466728
Traumton CD: 4667
Lineup
Tamara Lukasheva: vocals, piano, melodica, carillon Sebastian Scobel: piano Jakob Kühnemann: doublebass Dominik Mahnig: drums, toys
Tracks 1, 2, 4, 7,10 – lyrics and music by Tamara Lukasheva
Tracks 3, 6, 8 – lyrics by Asja Klimanova, music by Tamara Lukasheva
Track 5 – music by Yuriy Kuznetcov, lyrics by Aleksandra Ignatenko
Tracks 9 and 11 – traditional Ukrainian songs – arrangement by Tamara Lukasheva
All music, lyrics and arrangements by Tamara Lukasheva published by Traumton Musikverlag
Recorded, mixed and mastered at Hansa Haus Bonn by Nico Raschke
Produced by Tamara Lukasheva
Info / Info english
Tamara Lukasheva Quartet – Homebridge
Tamara Lukasheva gilt über ihre Generation hinaus als eine der herausragenden Stimmen des deutschen Jazz. Ihre ungewöhnlich wendige, in rund 15 Jahren präzise ausgefeilte vokale Ausdruckskraft hinterlässt nicht nur beim Jazz-affinen Publikum tiefe Eindrücke. Lukashevas Musik ist eigenständig und variabel, bewegt sich im Spannungsfeld von starken Melodien, osteuropäischen Einflüssen, dynamischer Improvisation und Emphase.
Das Debütalbum ihres Quartetts Patchwork Of Time erhielt viel Lob von Medien und Publikum. So befand BR Klassik: „Handfest und kraftvoll wird an Traditionsmusiken angeknüpft und Neues […] geschaffen. Ein Hoch dafür […] der Komponistin Tamara Lukasheva, die ihr famoses gesangliches Temperament und das Komplexe ihrer Musik in eine soghafte Fließbewegung bringt.“ Und in der Jazzthetik war zu lesen: „Tamaras Stimme ist wandlungsfähig, quicklebendig, voller Überraschungen und technisch auf dem höchsten Stand.“ 2014 wurde Lukashevas Quartett mit dem Jungen Deutschen Jazzpreis Osnabrück ausgezeichnet. Im Jahr darauf gewann die Band den 2. Preis bei den Keep an Eye Jazz Awards in Amsterdam, 2017 kam der Neue Deutsche Jazz Preis in beiden Kategorien (Ensemble und Solistin) dazu.
Der lebendige und markante Gestus von Lukashevas Gesang und ihre mitunter subtil verspielte Musik wurzeln in ihrer persönlichen Geschichte. Als sie 2010 von Odessa nach Köln umzog, hatte sie in ihrer alten Heimat schon beachtliche Erfahrungen und Bühnenerfolge gesammelt. 1988 als Tochter professioneller Musiker (Mutter klassische Pianistin, Vater Jazz-Saxophonist) geboren, wuchs sie umgeben von hochkarätiger Musik auf. Mit 16 begann sie ihre Karriere, arbeitete als klassische geschulte Pianistin und Jazzsängerin mit renommierten ukrainischen Künstlern, darunter vier Jahre lang mit Jazz-Legende Yuriy Kuznetcov. Sie war Solistin in der Bigband von Odessa, bildete ein Duo mit der Pianistin Roksana Smirnova, stand auf Festivalbühnen in Kiew, Moskau, Rostov, Sevastopol.
Kaum in Köln angekommen, gründete Lukasheva ihr bis heute unverändert bestehendes Quartett. Das neue Album Homebridge fesselt mit noch größerer musikalischer Spannweite, raffinierten Ideen und Intensität. Die Entwicklung seit dem Debüt und in Relation zu anderen Produktionen, an denen sie zwischenzeitlich mitwirkte, beschreibt Lukasheva so: „Ich hatte einen bestimmten Charakter der Stücke vor Augen und habe daher die Kompositionen im Vorfeld präziser notiert als früher.“ Diese Neujustierung des künstlerischen Fokus lässt weiterhin Improvisationen zu, führt vor allem aber zu einer pointierteren Ausarbeitung der bandeigenen Klangfarben.
Kompositionen und Arrangements offenbaren auch nach mehrmaligem Hören noch neue Nuancen und Details. Neben Lukashevas imponierendem Facettenreichtum wird das spielerische Profil der Musiker klarer erkennbar. Die präzise Aufteilung der einzelnen Stimmen verleiht dem Bandsound mehr Tiefe und steigert gleichzeitig das dynamische Potenzial. „Wenn man Jazz in erster Linie mit Improvisation gleich setzt, dann reflektieren die neuen Stücke jetzt deutlich mehr meine unterschiedlichen musikalischen Einflüsse“, konstatiert Lukasheva. Dazu gehören auch Kindheitserinnerungen an Musical und Pop aus sowjetischen Zeiten, an starke Melodien und bestimmte Phrasierungen, eigens betonte Wörter und politische Subtexte. Später kamen Klassik und Folk hinzu, dann die eingehende Beschäftigung mit Jazz.
Bei den Songs von Homebridge legte Lukasheva Wert darauf, eine enge Verbindung von Musik und Text zu gestalten. Die Melancholie, die manche Zeilen oder auch Melodien umweht, reflektiert weniger ihr persönliches Gefühl als vielmehr die jeweilige Geschichte, die sie erzählt. Etwa in der tiefgründigen Poesie Asja Klimanovas, die Lukasheva in drei Stücken, darunter Alte Häuser, vertont. Metaphern und Bilder reflektieren über Vergänglichkeit, die untrennbar zum Leben gehört, und übers Loslassen. Beispielsweise wenn die Schönheit des Zerfalls einstmals belebter Orte beschrieben wird. „Wenn man an seiner alten Schule vorbeikommt und sich gleichzeitig sieht, wie man einst war und wer man heute ist, ist beides wahr“, sinniert Lukasheva. „Wir wollen nicht älter werden, aber zu versuchen, die Zeit zu konservieren, tut uns auch nicht gut.“ Um den Geist des Titelstücks einzufangen, nahm sie Straßengeräusche an jenem Platz in Odessa auf, der sie zu dem Song inspirierte, und lässt diese nun atmosphärisch das Stück einrahmen.
Der kontrastreiche Aufmacher des Albums, Night And The Moon, zieht mit Energieschüben, offensiven Vokalaufschwüngen und dynamischen Wendungen in seinen Bann, Alte Häuser und Awakening versetzen durch prägnante rhythmische Phrasierungen in Bewegung und verblüffen mit spannenden Wendungen. Das fröhlich hüpfende Where Are You Going, Yanichku fungiert als Sprungbrett für Scats und ein weit ausgreifendes Klaviersolo, wie dieses Stück basiert auch Marisija auf einem ukrainischen Volkslied. Lukashevas eindrückliche Arrangements transferieren hier die Traditionen in die Gegenwart und verleihen ihnen Zeitlosigkeit. Eindringliche Balladen wie Homebridge oder The Moon Is Clear, letzteres eine Komposition des 2016 verstorbenen Yuriy Kuznetcov, gehen mit leisen Tönen und zurückhaltendem, manchmal fast flüsterndem Gesang unter die Haut, während Ich werd aufhören… einen dynamischen Bogen beschreibt, der von feinsinnigen a capella-Klaviertupfern und Flüstervokals zum kraftvollen Tutti anschwillt und im subtil gestrichenen Bass-Solo ausklingt. Im zunächst trügerisch harmonischen, dann sich dramatisch steigernden In As Moll kann Lukasheva ihre gesamte Stimmgewalt unvergesslich ausspielen. Neben ihr erweisen sich auch die Musiker immer wieder als variable und aussagekräftige Klangfarbenmaler.
Als Tamara Lukasheva vor acht Jahren in Köln ankam, kannte sie „niemanden und nichts“, erinnert sie sich. „Ich wollte Neues kennenlernen, weil ich für mich keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr in der Ukraine sah.“ Seitdem hat sie abseits ihres eigenen Quartetts mit Trompeter Matthias Schriefl gearbeitet, die Ensembles East Drive und Eurasians Unity sowie die WDR Bigband mit ihrem charismatischen, expressiven Gesang bereichert. Der Titel des neuen Albums, Homebridge, spielt nicht auf Heimweh an, sagt Lukasheva. Tatsächlich reist sie oft in ihrer alte Heimat, um die Familie zu besuchen oder Konzerte zu geben. Homebridge sieht Lukasheva als „eine Brücke zwischen dem Ort, wo du bist, und jenem wo du herkommst. Für mich bedeutet ‚Zuhause‘ nicht Anfang oder Ende der Brücke. Sondern das gegenwärtige Leben zwischen den Sockeln, das Hängen in der Luft. Die Brücke selbst ist ‚home‘.“
Bewusst mit zwei Kulturen zu leben ist für Tamara Lukasheva so essentiell wie jene musikalische Vielseitigkeit, die ihre Geschichte reflektiert und die sie mit ihrer Band auf Homebridge eindrucksvoll zum Klingen bringt. Darüber kreist Lukashevas virtuoser Gesang, dessen emotional wie handwerklich herausragende Brillanz berührt und fesselt. Das Tamara Lukasheva Quartett präsentiert modernen europäischen Vocal-Jazz mit unverkennbar eigenem Charakter.
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Tamara Lukasheva Quartet – Homebridge (english)
Tamara Lukasheva is considered one of the outstanding voices of German jazz way beyond her generation. Her exceptionally agile power of expression that she has been polishing for about 15 years leaves deep impressions, not only on jazz audiences. Lukasheva’s independent music moves within a field of tension between strong melodies, East-European influences, dynamic improvisation and expressiveness.
Her quartet’s debut album, Patchwork Of Time, was highly praised by media and audiences alike. BR Klassik adjudged it to be “One of the highlights of composer Tamara Lukasheva, who brings her splendid vocal temperament and the complexity of her music into an enthralling flow.” And Jazzthetik wrote: “Tamara’s voice is versatile, vitally alive, full of surprises and technically at the highest level.” In 2014 Lukasheva’s quartet was awarded the Junge Deutsche Jazzpreis Osnabrück [Young German Jazz Prize Osnabruck]. In the following year the band won the 2nd prize at the Keep an Eye Jazz Awards in Amsterdam and in 2017 received the Neue Deutsche Jazz Preis [New German Jazz Prize] in both categories (ensemble and soloist).
The vivid-distinctive air of Lukasheva’s singing and her sometimes subtly playful music are rooted in her personal history. Before moving form Odessa to Cologne in 2010, she celebrated considerable success on stages in her former homeland. Born in 1988 as the daughter of professional musicians (the mother a classical pianist, the father a jazz-saxophonist), she started her career at the age of 16. As a classically trained pianist and as a jazz-singer, she worked with renowned Ukrainian artists such as jazz-legend Yuriy Kuznetcov. She was a soloist in the big band of Odessa, had a duo with the pianist Roksana Smirnova and played at festivals in Kiev, Moscow, Rostov and Sevastopol.
Right upon arriving in Cologne, Lukasheva started playing with her quartet, which has subsisted unchanged in this line-up since. The new album Homebridge mesmerizes with a wide musical range, ingenious ideas and intensity. “I had a specific character in mind for the pieces and therefore notated the compositions more precisely in advance,” Lukasheva describes the development. Beside the intricacy of her voice, the playfulness and the tonal colors of her musicians become more clearly perceptible now. “The new pieces also reflect my different musical influences much more,” Lukasheva states. Among them are childhood memories of musical and pop music from soviet times, of strong melodies and particular phrasing, specially emphasized words and political subtext. Later classical music and folk came into her life and then the extensive studies of jazz.
Lukasheva placed great importance on a close connection of music and lyrics in the songs on Homebridge. The melancholy that wafts around some lines and melodies much less reflects her personal sentiment, but rather the story that it tells. Like in Asja Klimanova’s profound poetry, which Lukasheva set to music in three of her pieces. The contrasty opening piece of the album, Night and the Moon, fascinates with its boosts of energy, offensive vocal upsurges and dynamic twists and turns. Alte Häuser [Old Houses] and Awakening incite with their catchy rhythmic phrasing. The cheerfully bouncing Where Are You Going, Yanichku serves as a stepping-stone for scats and a far-reaching piano solo. Just as this piece, Marisija is also based on a Ukrainian folk song. Powerful ballads like Homebridge or The Moon Is Clear – the latter composed by the late Yuriy Kuznetcov – get under one’s skin with their quiet notes and restrained, sometimes almost whispering vocals.
Apart from her own quartet, Tamara Lukasheva has been working with trumpeter Matthias Schriefl since she arrived in Cologne, and has enhanced the ensembles East Drive and Eurasians Unity as well as the WDR Big Band with her expressive singing. The title of the new album, Homebridge, is not alluding to homesickness, Lukasheva says. In fact, she travels to her old home frequently to visit family and play concerts. Lukasheva rather sees Homebridge as “a bridge between the place where you are and the place where you come from. Home isn’t the beginning or end of the bridge, but the bridge itself is home.”
Deliberately living with two cultures is just as essential to Tamara Lukasheva as the musical diversity that she and her band impressively demonstrate on Homebridge. The Tamara Lukasheva Quartet presents modern European vocal jazz with unmistakably distinct character.