Release May 12, 2017
EAN/UPC: 705304464724
Traumton CD: 4647
Lineup
Rabih Lahoud: vocals Marcus Rust: flugelhorn, trumpet Clemens C. Pötzsch: piano Demian Kappenstein: drums, percussion
All lyrics by Rabih Lahoud
Compositions.: 1, 3, 5, 7, 10, 13 by Marcus Rust
2, 9, 11 by Rabih Lahoud 4, 6, 8, 12 by Clemens C. Pötzsch
Published by Traumton Musikverlag
Recorded at Traumton Studios, Berlin by Martin Offik in August 2016
Mastered by Wolfgang Loos
Produced by Masaa and Martin Offik
Info / Info english
Masaa – Outspoken
Outspoken: direkt, geradeheraus, freimütig. So klingt das neue, dritte Album von Masaa. Drei Jahre sind seit Veröffentlichung der CD Afkar vergangen, vieles ist seitdem passiert. Gemeinsame Konzertreisen in Rabih Lahouds ehemalige Heimat Libanon und nach Jordanien, Äthiopien, Mozambique, Ruanda und Simbabwe haben die preisgekrönte Band inspiriert und zusammenwachsen lassen. Masaas charakteristische Verbindung ihrer individuellen Einflüsse klingt heute noch lebendiger, schwungvoller und selbstverständlicher. War Afkar die eindrucksvolle Momentaufnahme einer Suche, dokumentiert Outspoken das kraftvolle Resultat einer geduldigen und zielstrebigen Entwicklung. Schon das erste Stück des Albums, von Lahoud erstmals auf französisch gesungen, zieht den Hörer mit Intensität und unaufdringlicher Schönheit geradezu magisch an. Im weiteren Verlauf zeigt das markante Klangpanorama des Quartetts immer neue Facetten. Raffiniert verweben Masaa arabische Melodik mit variablen, manchmal tänzelnden Rhythmen, einem zwischen klassischen Einflüssen und Jazz changierenden Klavier und vielfarbigen Trompetenmodulationen. Dazu klingt Lahouds charakteristischer Gesang in allen Registern voller und souveräner denn je.
Es ist eine Einheit durch Vielfalt, die Masaa auf Outspoken stimmig und atmosphärisch dicht kreiert. Das Thema bestimmt gegenwärtig den gesellschaftlichen Diskurs und hat für Rabih Lahoud darüber hinaus eine sehr persönliche Bedeutung. Als Kind katholischer Maroniten 1982 im Libanon geboren und aufgewachsen, hinterfragte Lahoud schon früh die allgegenwärtige Forderung, sich für eine Seite entscheiden zu müssen. Bis heute lehnt er sich gegen schwarzweiße Regeln auf, mit denen er nicht nur im Nahen Osten, sondern auch während seines Studiums in Düsseldorf konfrontiert wurde. Glücklicherweise findet Lahoud immer wieder Gleichgesinnte, die über den Horizont ihrer Erdscheibe hinaus schauen. Etwa Trompeter Markus Stockhausen, den Lahoud Mitte 2008 kennenlernte und der ihn ermutigte, sich mit Musiktraditionen seiner alten Heimat zu beschäftigen. Von Deutschland aus entwickelte Lahoud einen neuen Blick auf die reiche arabische Kultur, parallel dazu entstand 2011 die Idee zu Masaa. Trompeter Marcus Rust hatte bereits eine Band mit seinen Dresdener Kommilitonen Clemens Pötzsch und Demian Kappenstein; dass sich die Wege des Trios und Lahouds kreuzten war wiederum Stockhausen zu verdanken.
Schon lange ist klar, dass sich Orient und Okzident musikalisch verstehen, wenn Freigeister aus beiden Richtungen aufeinander zu gehen und gemeinsam etwas neues schaffen. Im Jazz wie in arabischer Kunstmusik spielen Improvisationen eine substantielle Rolle, so natürlich auch bei Masaa. Auf Outspoken findet die Band in Improvisationen zu anrührender Ausdruckskraft und beeindruckender Geschlossenheit. Essentiell ist, dass das Quartett nicht nur einzelne Soli aus dem Stegreif entwickelt. Zwar gibt es für jedes Stück einen Komponisten, gleichwohl seien nur wenige komplett notiert, verrät Marcus Rust. Häufig werde lediglich die Grundstimmung festgelegt, dazu einzelne Zielmarken innerhalb des Stückes. Die übrigen Details der Arrangements entstehen im Moment des Zusammenspiels. Das funktioniert, weil sich alle längst intuitiv verstehen.
Outspoken wirkt nicht nur runder und energischer, sondern auch klarer als seine Vorgänger. „Wir kommen heute schneller auf den Punkt“, bestätigen Rust und Lahoud den Eindruck. Kompakter und etwas weniger verspielt auf der einen Seite, erweitert das Quartett andererseits seine stilistische Bandbreite und seinen Sound. Etwa durch subtilen, gezielt-sparsamen Einsatz von Elektronik oder durch spezielle Spieltechniken, besonders auf der Trompete. Zudem sind die vier Musiker Anfang bis Mitte Dreißig inzwischen so klug, sich hier und da vergleichsweise einfache Harmonien zu erlauben. Die Musik fließen zu lassen, „emotional und aus dem Moment heraus“, ist der Band wichtig, denn dann „ist sie ehrlich und persönlich.“
Kultivierte Spontaneität
Masaa ist das arabische Wort für Abend. In vielen Ländern der Welt treffen sich Nachbarn oder Bekannte nach Sonnenuntergang, um sich über ihre Erlebnisse am Tag auszutauschen. Man erzählt sich etwas, kommuniziert; dieses fast universelle Bild bewegt die vier Musiker. Es spiegelt sich in Masaas Spielhaltung und in Rabih Lahouds bildhafter, zuweilen suggestiver Poesie. Er ist kein Autor, der lange über die Formulierung einer bestimmten Botschaft brütet. Vielmehr folgen seine Zeilen spontanen Eingebungen, einem Art Bewusstseinsfluss, der zuweilen sogar von der Musik seiner Partner ausgelöst wird. Manchmal müsse etwas einfach raus und zwar ganz schnell, sagt Lahoud. Aufs Papier kommt, was ihn bewegt, unter Umständen singt er es gleich darauf ins Mikrophon, verzichtet auf Codierungen. „Lieber lasse ich etwas komplett weg, als es lange zu verändern.“ Kaum überraschend, dass Lahoud manches ausspricht, um an Grenzen zu rütteln, Veränderung anzustoßen. Das tut er nun auf arabisch, französisch, englisch und sogar Deutsch. „Ich bin eben nicht nur ein französisch-sprachiger Araber aus dem Libanon, sondern längst in Deutschland zuhause“, unterstreicht Lahoud. In den vergangenen rund 15 Jahren habe er viele Stile kennengelernt, heute schaue er auf beide Kulturen und habe keine Bedenken mehr, neue Verbindungen zu riskieren.
Eine spannende Begegnung, die nicht die letzte ihrer Art bleiben soll, war Masaas Kooperation mit der israelischen Singer/Songwriterin und Aktivistin Yael Deckelbaum. 2015/16 traten sie bei neun Konzerten zusammen auf, darunter vor großer Kulisse beim Rudolstadt Festival. In gemeinsam gespielten Stücken tauschten Deckelbaum und Lahoud bisweilen ihre Sprachen, mit Who We Are gibt es einen gemeinsam in Berlin aufgenommenen Song im Netz zu hören. Den Kontakt zu Yael Deckelbaum brachte Demian Kappenstein mit, er war schon vorher mit ihr in Israel auf Tournee.
Künstlerische Kreativität und politisches Bewusstsein gehen im Idealfall so zusammen, dass sie über die Tagesaktualität hinaus relevante Zeichen setzen. Masaas Outspoken ist nicht nur in Zeiten um sich greifender Abschottung hörens- und beachtenswert. Ein anrührendes Plädoyer für Offenheit und Verständigung, ein klangvolles Manifest für Grenzen überschreitende Imaginationskraft.
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Masaa – Outspoken (english)
Outspoken: direct, straightforward, upfront. That is how the new and third album of Masaa sounds. Three years have passed since the release of the CD Afkar. Concert tours in Rabih Lahoud’s former home Lebanon and also to Jordan, Ethiopia, Mozambique, Rwanda and Zimbabwe have inspired the award-winning band and made them grow together. Masaa’s characteristic combination of individual influences sounds more lively, spirited and natural now. While Afkar was an impressive snapshot of a search in progress, Outspoken documents the powerful result of a patient and focused development. Masaa artfully interweave Arabic melodies with variable, sometimes prancing rhythms, a piano changing between Classical influences and jazz, and multicolored trumpet modulations. Furthermore, Lahoud’s characteristic singing sounds fuller in all ranges and more confident than ever.
It is unity through diversity, which Masaa creates harmoniously and atmospherically dense on Outspoken. The topic currently dominates the societal dialog and in addition has a very personal significance to Rabih Lahoud. Born in 1982 as the child of catholic Maronites in Lebanon, Lahoud began early to question the omnipresent postulation that one should have to choose a side. To this day he rebels against black and white rules, with which he was not only confronted in the Near East, but also during his studies in Düsseldorf. Fortunately Lahoud always finds like-minded people who look beyond the horizon of their world. Like the trumpeter Markus Stockhausen, whom Lahoud met in 2008 and who encouraged him to engage himself in the musical tradition of his native land. From Germany Lahoud developed a new perspective of the rich Arabic culture and at the same the idea to form Masaa emerged. Trumpeter Markus Rust already had a band with his fellow students in Dresden, Clemens Pötzsch and Demian Kappenstein; that the trio’s and Lahoud’s paths crossed was thanks to Stockhausen once again. It has long been clear, that East and West get along well musically when freethinkers approach each other from both directions and create something new. Improvisations play a substantial role in jazz and Arabic art music alike. On Outspoken Masaa achieve touching expressive power and impressive wholeness in their improvisations. Outspoken doesn’t only appear more rounded and forceful, but also more distinct; on the one hand more compact and less playful, but then again the quartet expands its stylistic range and its sound.
Masaa is the Arabic word for evening. In many countries of the world neighbors and friends meet after sundown to share experiences of their day, to tell each other things, to communicate. This nearly universal image deeply moves the four musicians. It is reflected in Masaa’s musical approach and in Rabih Lahoud’s metaphorical, at times suggestive poetry. He is not an author who ponders at length about the phrasing of a certain message. His words much rather follow spontaneous inspiration, a kind of flow of consciousness that is sometimes triggered by the music of his partners. At times things need to just come out, and then fast, Lahoud says. Whatever moves him goes down on paper and in some circumstances he sings it into the microphone a moment later, doing without any encoding. So it is hardly surprising that Lahoud addresses things to shake up boundaries and initiate change. He now does this in Arabic, French, English and even German. In the past 15 years he got to know many different styles and today looks upon both cultures and no longer has any qualms about risking new conjunctions. An exciting encounter – that shall not remain the last of its kind – was Masaa’s cooperation with the Israeli singer/songwriter und activist Yael Deckelbaum. In 2015/16 they performed nine concerts together, among them a show in grand scenery at the Rudolstadt Festival. In pieces they played together Deckelbaum and Lahoud occasionally swapped their languages and there is the song “Who We Are” that was jointly recorded in Berlin and can be heard online. Demian Kappenstein brought Yael Deckelbaum and Masaa together, after having played a tour with her in Israel.
Artistic creativity and political awareness ideally join in a way that they have relevant impact beyond day-to-day events. Not only in times of rampant seclusion, Masaa’s Outspoken is worth listening to and worth noting: a touching plea for openness and understanding, a sonorous manifest for border transcending powers of imagination.