Release January 12 2018
EAN/UPC: 705304465721
Traumton CD: 4657
Lineup
Frederik Köster: trumpet, electronics Sebastian Sternal: piano, fender rhodes Joscha Oetz: double bass Jonas Burgwinkel: drums
& Philharmonisches Orchester Hagen unter der Leitung von Florian Ludwig
All music by Frederik Köster
Published by Traumton Musikverlag
Recorded by Christian Heck and David Menke
Mixed by Christian Heck and David Menke at Tonart Studio, Cologne / Germany
Mastered by Reuben Cohen at Lurssen Mastering, Burbank / California, USA
Info / Info english
Frederik Köster/Die Verwandlung – Homeward Bound Suite
Dass Frederik Kösters Band Die Verwandlung ihrem Namen alle Ehre machen kann, weiß man seit ihrer Gründung vor rund fünf Jahren. Im September 2015 veröffentlichte sie mit Tension/Release ein herausragendes, weithin gelobtes Album. Beim NDR war es CD der Woche, dazu hieß es u.a.: „…selbstbewusst und sicher im Zentrum des zeitgenössischen Jazz. Best of made in Germany.“ Und Werner Stiefele konstatierte in Stereoplay: „Ein Highlight des kammermusikalischen Jazz.“ Zuletzt brillierte das Quartett der Preisträger (Köster, Sternal und Burgwinkel erhielten u.a. jeweils Jazz-Echos, Köster außerdem den Neuen Deutschen Jazzpreis und den WDR-Jazzpreis) auf Festival-Bühnen mit überraschenden Wendungen in Klangfarben und Grooves. Die stilistische Spannweite schließt neuerdings sogar arabische Einflüsse ein. Dennoch war nicht unbedingt damit zu rechnen, dass Köster und Die Verwandlung als nächstes eine Produktion mit klassischem Orchester präsentieren würden. Damit begibt sich das weit gereiste Quartett aus Köln auf ein Terrain, das auch im internationalen Kontext vergleichsweise selten vermessen wird. Eine Jazz-Combo mit klassisch geschulten Streichern stimmig zu vereinen ist ungefähr so leicht, wie aus französischer und asiatischer Küche neue Gerichte mit ausbalancierten Aromen zu kreieren. Dass es geht, beweist Frederik Köster mit seiner Homeward Bound Suite.
„Ich bin mit großen Ensembles aufgewachsen“, erklärt der 1977 geborene Musiker, „meine ersten Bigband-Arrangements habe ich mit 14 geschrieben.“ Davor spielte er unter anderem im Blasorchester seiner Heimatstadt, später studierte Köster Trompete, Komposition und Arrangement in Köln. Seitdem arbeite er u.a. mit Albert Mangelsdorff, Randy Brecker, Ack van Royen, Lalo Schifrin, Trilok Gurtu, Nils Petter Molvaer, Biréli Lagrène & WDR Bigband und komponierte für diverse Orchester. Vor neun Jahren veröffentlichte er unter dem Namen Frederik Köster Jazz Orchester eine Bigband-CD. „Mit einem klassischen Orchester zu arbeiten stand schon lange auf meiner Wunschliste“, sagt Köster. Ein logistisch und finanziell ambitioniertes Vorhaben. Zu Hilfe kam schließlich das alljährliche Festival „Sauerland Herbst“. Über zwei Dekaden hinweg ist Köster dort unregelmäßig aufgetreten; schon in früheren Jahren initiierten die Veranstalter Kooperationen mit dem Philharmonischen Orchester Hagen und anderen Solisten. Für die Saison 2016/17 wurde der Kreis geschlossen.
„Mir war wichtig, etwas neues zu komponieren“, beschreibt Frederik Köster seinen Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit. „Ich war schon immer Fan von Programm-Musik, etwa Mussorgskys Bilder einer Ausstellung. Während ich die Musik der Suite schrieb, dachte ich an meine alte Heimat und die Landschaft des Hochsauerlands.“ Fast unausweichlich mischt sich ein Hauch Wehmut ins Leitmotiv der Homeward Bound Suite. Das ist aber nur eine von vielen Facetten der atmosphärischen, zuweilen suggestiven Suite. Köster vermeidet direkte Zitate, etwa von traditioneller Musik aus der Region. Stattdessen illustriert er im Stück Land der 1000 Berge die sich dahin schlängelnde Ruhr mit Klavier und Streichern im Stil von Smetanas Moldau-Assoziationen, um dann mit immer heller strahlender Trompete und anschwellendem Orchester zum Gipfel zu streben. Der vielschichtige Titel Wurzeln und Flügel bezieht sich auf Dichterfürst Goethe, er beginnt mit Blechbläsern als Synonym für Kösters Wurzeln. Über eine Streicher-Passage changiert die Komposition zu einem schillernden Trompetensolo, das den Schwerpunkt in der Folge Richtung Quartett verlagert. Den weiteren Verlauf des Stücks prägt ein markantes rhythmisches Riff, das auch vom Orchester gespielt wird und über das Burgwinkel solistische Akzente setzt. Homeward Bound gibt Sebastian Sternal Raum, als Pianist zu glänzen; in Kyrill reflektiert Köster klangvoll und dynamisch über den gleichnamigen Sturm, der tiefe Spuren in der Natur hinterließ. Mit fast 12 Minuten ist es das längste, komplexeste und kantigste Stück der Suite. Darin verwoben sind ein Modus von Olivier Messiaen und ein eigenwilliges Kontrabass-Solo von Joscha Oetz, weiterhin rhythmisch akzentuierte, suggestive und lautmalerische Passagen, die auf ein fast kakophonisches Crescendo zulaufen.
Vor gut zweieinhalb Jahren fanden die ersten Vorgespräche für das Projekt statt. Schon während er an den ersten Skizzen arbeitete, entwickelte Köster klare Vorstellungen zur Instrumentierung. Neben den genannten Inspirationen gingen ihm Klangfarben-Maler wie Debussy, Ravel und Strawinsky durch den Kopf, außerdem Soundtrack-Komponisten. „Ich wollte etwas schreiben, das im Vergleich zur Musik der Verwandlung insgesamt relativ harmonisch ist“, erklärt Köster, „es darf in manchen Momenten auch ein wenig monumental klingen, aber eben nicht breit oder gar schwülstig.“ Zwei Monate hat Frederik Köster an Nuancen und umfänglicher Notation gearbeitet. „Die 60 Musiker des Orchesters sind natürlich weniger beweglich als die Verwandlung, daher muss alles akribisch festgelegt werden. Zudem haben wir unterschiedliche Ansichten zu Rhythmus, Timing und Phrasierungen.“ Für Details in der Ausformulierung zog Köster seinen langjährigen musikalischen Partner Sebastian Sternal zu Rate, der sich in seiner mehrfach preisgekrönten Sternal Symphonic Society als brillanter Arrangeur erwiesen hat.
Für das 1907 gegründete Philharmonische Orchester Hagen war es keineswegs die erste grenzüberschreitende Kooperation. In der Saison 2011/2012 arbeitete es mit Jon Lord, Gründungsmitglied und Keyboarder von Deep Purple, der als „Composer for Hagen“ in der Stadt weilte. Im Rahmen dieses Engagements entwickelten die Philharmoniker mit dem einstigen Vordenker des Klassik-Rock mehrere Projekte. Davor und danach gab das Orchester Konzerte mit den Rockbands Extrabreit und Luxuslärm, dem Jazzer Roby Lakatos, mit Musik-Kabarettist Hans Liberg und Jochen Malmsheimer. 2015 wurden die Philharmoniker unter GMD Florian Ludwig mit dem Preis „Bestes Konzertprogramm der Saison“ des DMV (Deutscher Musikverleger-Verband e.V.) ausgezeichnet.
Die Homeward Bound Suite fügt dem vielgestaltigen Werk Frederik Kösters eine neue, spannende Facette hinzu. Gekonnt vereint der Trompeter die Talente seines intuitiv interagierenden, hochmusikalischen Solisten-Quartetts mit der Fülle des großen Klangkörpers. Bisherige Konzerte zeigten, dass Kösters sehr persönliche und lebendige Musik über Genrationen und Geschmacksvorlieben hinweg begeistert. Zumal sie klug alle Fallen umgeht, die bei einer solchen Kooperation lauern. Stereotypen findet man hier ebenso wenig wie akademisch-sperrige Melodieverweigerung. Den Status als einer der interessantesten Trompeter und Komponisten mindestens seiner Generation kann Frederik Köster mit diesem Album zweifellos manifestieren.
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Frederik Köster/Die Verwandlung – Homeward Bound Suite (english)
Since their debut about five years ago, we all know that Frederik Köster’s band Die Verwandlung [The Metamorphosis] lives up to its name. In September 2015 they released the outstanding, widely acclaimed album Tension/Release. At NDR [Northern German Broadcasting] it was the CD of the week, and they called it “confidently and surely at the center of contemporary jazz. Best of ‘Made in Germany’.” Werner Stiefele states in Stereoplay: “A highlight of chamber musical jazz.” Most recently the quartet of award winners (Köster, Sternal und Burgwinkel have all received Jazz-Echo awards, in addition Köster was given the Neue Deutsche Jazzpreis and the WDR-Jazzpreis) fascinated their audiences on festival stages with surprising twists in timbre and groove. Lately the stylistic range even incorporates Arab influences. However, still nobody expected that Köster and Die Verwandlung would present a production with a classical orchestra next. With this, the widely traveled quartet from Cologne moves into a terrain that is explored comparatively seldom, even in international context. Coherently uniting a jazz combo with Classically trained string players is about as easy as creating new dishes with well-balanced flavors from French and Asian cuisine. With his Homeward Bound Suite Frederik Köster proves that it is possible.
“I grew up with large ensembles,” the musician born in 1977 explains, “I wrote my first big band arrangements at the age of 14.” Prior to that he played with the brass orchestra of his hometown, later Köster studied trumpet, composition and arrangement in Cologne. Since then he has worked with Albert Mangelsdorff, Randy Brecker, Ack van Royen, Lalo Schifrin, Trilok Gurtu, Nils Petter Molvaer, Biréli Lagrène & WDR Bigband and has composed for various orchestras. Nine years ago he released a big band CD under the name Frederik Köster Jazz Orchestra. “To work with a classical orchestra, has been on my wish list for a long time,” Köster says; a logistically and financially ambitious undertaking. Eventually the annual festival “Sauerland Herbst” came to his aid. Over the timespan of two decades Köster has played there sporadically; already in earlier years the promoter had initiated collaborations with the Hagen Philharmonic Orchestra and other soloists. In the season of 2016/17 the circle was closed.
“It was important to me to compose something new,” Frederik Köster describes the starting point of the collaboration. “I was always a fan of program music, for instance Mussorgsky’s Pictures at an Exhibition. While I was writing the music of the suite, I thought of my old homeland and the scenery of the Hochsauerland.” So almost inevitably, there is a touch of melancholy in the leitmotif of the Homeward Bound Suite. But that is only one of the many facets of this atmospheric, at times suggestive suite. Köster avoids direct musical quotes, say from the traditional music of the region. Instead, in the piece “Land der 1000 Berge” [Land of a Thousand Mountains] he illustrates the Ruhr River winding there, with piano and strings in the style of Smetana’s Moldau associations, to then strive to the peak with more and more brightly gleaming trumpet and surging orchestration. The multilayered track “Wurzeln und Flügel” [Roots and Wings] refers to the great poet Goethe and begins with brass, as a synonym for Köster’s roots. Through a string passage the composition transitions into a shimmering trumpet solo, which then shifts the emphasis more towards the quartet. A distinctive rhythmic riff also played by the orchestra characterizes the further course of the piece, over which Burgwinkel plays soloistic kicks and accents. “Homeward Bound” gives Sebastian Sternal room to shine as a pianist; in “Kyrill” Köster melodiously and dynamically reflects on the storm of the same name, which left behind profound traces in nature. With almost 12 minutes it is the longest, most complex and edgiest piece of the suite. There is an Olivier-Messiaen-mode and an unconventional double bass solo by Joscha Oetz interwoven in this track. Furthermore, there are rhythmically accentuated, suggestive and onomatopoeic passages, which lead to an almost cacophonous crescendo.
The first preliminary talks for this project took place more than two and a half years ago. Already during his work on the first sketches, Köster developed clear conceptions of instrumentation. Besides the mentioned inspirations, painters of tonal color like Debussy, Ravel and Stravinsky crossed his mind, as well as soundtrack composers. “I wanted to write something that was all in all relatively harmonious compared to the music of Die Verwandlung,” Köster explains, “it can sound a little bit monumental in some moments, but never broad or even pompous.” For two months Frederik Köster worked on nuances and extensive notation. “Of course the 60 musicians of the orchestra are less flexible than Die Verwandlung, so everything has to be meticulously specified. In addition, we have different views of rhythm, timing and phrasing.” For the details of formulation, Köster sought advice from his longtime musical partner Sebastian Sternal, who has proven to be a brilliant arranger with his manifold prizewinning Sternal Symphonic Society.
For the Hagen Philharmonic Orchestra, founded in 1907, this was by no means the first border-crossing cooperation. In the season of 2011/2012 they worked with Jon Lord, founding member and keyboarder of Deep Purple, who stayed in town for a while as “Composer for Hagen”. During the course of this involvement the philharmonic orchestra developed several projects with the former pioneer of classic rock. Prior to that and afterwards the orchestra played concerts with the rock bands Extrabreit and Luxuslärm, the jazzman Roby Lakatos, with the musical cabaret artist Hans Liberg and with Jochen Malmsheimer. In 2015 the orchestra under musical director Florian Ludwig was awarded the prize “Best Concert Program of the Season” by the DMV (German Music Publisher Association).
The Homeward Bound Suite adds a new, exciting facet to Frederik Köster’s multifarious oeuvre. The trumpeter masterfully unifies the talents of his intuitively interacting, highly musical soloist-quartet with the fullness of the large body of sound. The concerts so far have shown that Köster’s very personal and lively music fascinates beyond the boundaries of generation or taste preference. Especially since it cleverly circumvents all traps that lurk in such a co-operation. There are no stereotypes, just like there is no academic-unwieldy denial of melody to be found. With this album, Frederik Köster can doubtlessly manifest his status as one of the most interesting trumpeters and composers, of his generation at the least.