Release October 05, 2012
EAN/UPC: 705304457320
Traumton CD: 4573
Lineup
Frederik Köster: trumpet, flugelhorn Klaus Heidenreich: trombone Christoph Möckel: alto & soprano sax, flute Niels Klein: tenor & soprano sax, flute
Erik Schumann: violin I Lisa Schumann: violin II: Ayako Goto: viola Mark Schumann: violoncello
Pablo Held: piano (tracks 1, 2, 4-7) Robert Landfermann: bass Jonas Burgwinkel: drums
Special guest: Claudius Valk soprano saxophone (track 3)
Sebastian Sternal: composer, conductor and piano (tracks 8, 9)
All compositions and arrangements by Sebastian Sternal
All tracks recorded on February 15-16, 2011 except Track 9 recorded live on September 20, 2010 by Christian Heck at Loft, Cologne
Mixed by Christian Heck
Mastered by Andreas Balaskas
Produced by Sebastian Sternal
Info / Info english
Sebastian Sternal – Sternal Symphonic Society
Es ist nur ein Spiel, ein Spiel mit Begriffen und den Assoziationen und Bedeutungsfeldern, die sie hervorrufen. Wenn der Pianist Sebastian Sternal seinem neuesten Projekt, in dem er den feinen Klang seines Klaviertrios um einen vierköpfigen Bläsersatz und ein Streichquartett ausweitet, und dem Projekt dann den Namen „Sternal Symphonic Society“ gibt, dann weiß er genau, welche Reaktionen er zu erwarten hat: Man denkt an das ganz große Format, an das Mega-Kraftwerk der Gefühle, an seine aufwändige Maschinerie, die sorgfältig gezeichneten Baupläne mit ihrem Übermaß an Details. Ein wenig schwingt auch die Erinnerung an die Symphonischen Gesellschaften im Hintergrund, an jene bürgerlichen Zirkel, die einst mit ihrer Diskursproduktion halfen, dem Schaffen der Komponisten Gewicht und Bedeutung zuzuweisen. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite ist der Musiker Sebastian Sternal, 1983 in Mainz geboren, erster Klavierunterricht mit sechs, „How High The Moon“ mit zehn. Von da an ging es gradlinig in Richtung Jazz, aber nicht nur. Zur gleichen Zeit begeisterte er sich aber auch für die facettenreichen Filmmusiken, mit denen beispielsweise John Williams die Filme von Steven Spielberg emotional anreicherte und schrieb eigene Kompositionen für imaginäre Filme. An der Schule bot sich die Gelegenheit, sie als Dirigent mit der Jazz-Bigband oder dem großen Orchester einzuspielen, ein Frühberufener in seinem Element. Später studierte Sternal in Köln Jazzklavier und setzte dem pädagogischen und künstlerischen Doppeldiplom noch einige Semester Aufbaustudium im Fach „Komposition“ in Paris als Häubchen auf. Mittlerweile hat er eine Professorenstelle in seiner Heimatstadt Mainz. Als Jazzpianist kennt man Sternal als einen sensibel und formbewusst auf sein musikalisches Umfeld reagierenden Improvisator, einen gewieften Instrumentalisten mit einem breiten Ausdrucksspektrum, der nicht auf jede Vorlage mit einem Tonschwall antwortet, sondern seine Töne sprechen lässt und manchmal auch die Stille zwischen ihnen.
Auf „Sternal Symphonic Society“ beschränkt sich Sternal weitgehend auf eine Rolle als Komponist und außenstehender Dirigent, als eine quasi objektive Instanz, die die disparaten Klangschichten organisiert und auf eine gemeinsame Ebene bringt. Und letztlich versucht er sich damit an Ideen, die er schon lange mit sich herum trug; Ideen, die für die vertrauten Genre-Schubladen zu groß sind. Es geht um die Vision einer größeren Besetzung, in der die Stimmen der einzelnen Instrumente so sorgfältig und durchdacht verwoben sind wie in einem Streichquartett, die einen klanglichen Farbenreichtum entwickelt wie sonst nur symphonische Klangkörper und dabei die Beweglichkeit und Spontaneität einer Jazzband entwickelt. Mit einem Ensemble handverlesener Musiker und musikalischer Freunde aus seiner Studienzeit an der Kölner Musikhochschule, die vertraut sind mit seinen musikalischen Vorstellungen, mit dem Spiel der Grooves, den offenen Harmonien und seinen zarten melodischen Wendungen, setzt er die Pole unter Spannung: das Pablo Held Trio mit dem Bassisten Robert Landfermann und Jonas Burgwinkel am Schlagzeug fungiert dabei als das Rückgrat der Musik, ein fast schon telepathisch zusammen wirkendes Jazztrio, in dem die Rollen zwischen den drei Musikern sich in einen großen Strom von gemeinsamer Energie aufzulösen scheinen. Manchmal spielt dieses Trio wie selbstvergessen, dann treibt es mit seinem lässigen Swing die Bläsergruppe den Trompeter Frederik Köster und den Posaunisten Klaus Heidenreich, sowie Christoph Möckel und Niels Klein an den Saxofonen (und der expressionistisch seine musikalischen Farbakzente setzende Sopransaxofonist Claudius Valk als weiterer Gast auf einem Stück) in immer höhere Sphären ihrer Expressivität oder lässt seinen Puls mit den flächigen Netzwerken der vier Streicher, Erik und Lisa Schumann an den Violinen, Ayako Goto an der Bratsche und dem Cellisten Mark Schumann zerfließen. Das Trio schafft den Brückenschlag, es sorgt dafür, dass sich die verschiedenen Teile nahtlos ineinander fügen, die Ton für Ton ausgearbeiteten und die darüber improvisierten, die wuchtigen und die zarten, die still verharrenden und die lebhaft groovenden. So rührt diese Symphonic Society eine außergewöhnlich vielfältige Palette von Klangfarben an, pastellene und pastose Farben; durchscheinende und deckende, fragile und leuchtende, und verbindet sie nach den kompositorischen Vorgaben von Sebastian Sternal zu prachtvollen Musikgemälde, in denen die Grenzen zwischen den Genres keine Rolle mehr zu spielen scheinen, weil sie sich ihrer Wurzeln im Jazz gewiss sind. Es ist in Vexierspiel mit unbegrenzten Möglichkeiten, in dem es darum geht, im Neuen immer wieder Bekanntes zu erkennen, und im Bekannten immer wieder neue Wege zu betreten. zu verknüpfen, was ohne es zu wissen, zusammen gehört. Die „Sternal Symphonic Society“ überbrückt durchaus einen Graben, sie führt den Beweis, dass Musik nur Musik ist, dass Genre kein Kriterium und nur die Klasse der Musik und der Musiker über ihre Qualität entscheidet. Schon insofern knüpft Sebastian Sternals neues Projekt an die diskursive Tradition der Symphonischen Gesellschaften an.
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Sebastian Sternal – Sternal Symphonic Society (english)
It’s only a game, a game with terms and associations and the semantic fields that they call forth. When the pianist Sebastian Sternal was naming his new project, in which he enlarged the fine sound of his piano trio to include a four-piece horn section and a string quartet, and then named the project “Sternal Symphonic Society”, he knew exactly what reaction he could expect: A very large format comes to mind, a mega power plant of feelings with its elaborate machinery, its carefully drawn blueprints and its excess of details. Lingering in the background as well, we are reminded of symphonic societies, of that bourgeois circle that manufactured discourse, that once helped the composer to direct significance and meaning into his compositions. On the one hand.
On the other hand, the musician Sebastian Sternal, born in Mainz in 1983, first piano lessons at the age of six, “How High The Moon” with ten. From then on it was a straight line in the direction of jazz, but not only. At the same time he was also enthusiastic about multifaceted film scores, for example by John Williams who emotionally enriched Steven Spielberg’s films, and he wrote his own compositions for imaginary films. At school he had the opportunity to conduct the jazz big band or play in the large orchestra, an early calling where he was in his element. Later Sternal studied jazz piano in Cologne and complemented his pedagogical and artistic joint degree with several postgraduate semesters in Paris. In the meantime he has a position as a professor in his hometown Mainz. As a jazz pianist, one is familiar with Sternal as an improviser who reacts sensitively, conscious to form, towards his musical environment. He is a crafty instrumentalist with a wide scope of expression, not answering every pattern with a gush of sound, but rather letting his notes speak for themselves and sometimes the silence between them as well.
On “Sternal Symphonic Society”, Sternal restricts himself mostly to his role as composer and outside conductor, a quasi-objective body, organising the disparate layers of sound and taking them to a common level. And ultimately, he has a try at ideas that he has carried around with himself for a long time; ideas that don’t fit into familiar genre stereotypes. He envisions a larger orchestra instrumentation in which the voices of the individual instruments are as carefully and well thought out as in a string quartet that develops a richness of sound colours as only found in symphonic instruments, thereby developing the mobility and spontaneity of a jazz band. With an ensemble of hand-picked musicians and musical friends from his days as a student at the Cologne Conservatory, who are familiar with his musical ideas, his groove game, open harmonies and his tender melodic phrases, he energizes and polarizes: the Pablo Held Trio, with the bassist Robert Landfermann and Jonas Burgwinkel on drums, act as the musical backbone, a jazz trio who seem to collaborate telepathically, the roles between the musicians appear to disappear in a powerful current of mutual energy. At times this trio play as if they were oblivious to everything around them, at other times, they drift into higher and higher spheres with the nonchalant swing of the horn section with trumpet player Frederik Köster and the trombonist Klaus Heidenriech, as well as Christopher Möckel and Niels Klein on the saxophone (and Claudius Valks as a further guest on one song, who expressionistically adds musical colour accents with his soprano saxophone). Or they let their pulse melt into the extensive web of the four strings, Erik and Lisa Schumann on the violins, Ayako Goto on the viola and the cellist Mark Schumann. The trio forges the link, it ensures that the different parts seamlessly blend together: whether they be composed note for note or improvised above that, forceful or delicate, motionlessly poised or vibrantly groovy.
This symphonic society mixes an exceptionally diverse range of sound colours together, pastel and pastose colours, translucent and opaque, fragile and luminescent, and incorporates them into a magnificent musical painting according to Sebastian Sternal’s compositional guidelines, where the borders between genres no longer appear to play a role because they are firmly rooted in jazz. It is a game of deception with unlimited possibilities, aiming to rediscover what is known in what is new, and to continue to stretch the boundaries of what is known, to interlink what belongs together without knowing it. The “Sternal Symphonic Society” definitely bridges a gap, demonstrating that music is only music, genre is not a criterion and only the class of the music and the musicians determines its quality. In this respect, Sebastian Sternal’s new project is tied to the discursive tradition of symphonic societies.