Release February 24, 2000
EAN/UPC: 705304442623
Traumton CD: 4433
Lineup
Michael Schiefel: voice
All Music and words by Michael Schiefel except „Synchronicity“ by Sting
All titles published by Traumton Musikverlag, Berlin except „Synchronicity“ published by Peer Musikverlag GmbH, Hamburg
Recorded, mixed & mastered by Wolfgang Loos
at Traumton Studios, Berlin
Additional recordings by Michael Schiefel
Produced by Wolfgang Loos
Info / Info english
Michael Schiefel – I Don’t Belong
Michael Schiefel hätte auch da weiter machen können, wo er begann. Denn sein Start in die Professionalität war vielversprechend. Das Solo-Album Invisible Loop (1997) verblüffte die Fachwelt. Die Kritiker überschlugen sich vor Begeisterung, wenn sie von seinen Konzerten berichteten. Obwohl noch nicht lange im Geschäft, wurde der junge Mann aus Münster bereits auf renommierte Festivals wie Jazz Across the Border eingeladen und tourte erfolgreich durch Europa. Alles war wunderbar, gemessen an der Möglichkeiten, die ein Sänger am Beginn seiner Karriere bekommen kann.
Doch bald zeigten sich Grenzen. Schiefel war auf immens hohem Niveau eingestiegen. Er hatte mit seinem Debut-Album eine ästhetische Nische geschaffen, die Erwartungen weckte. Mit der Stimme als einzigem Instrument, das er in verschiedenen Variationen und Verfremdungen zu komplex verknüpften Klangnetzwerken zusammen fügte, füllte er eine Lücke in den Stillandschaft der improvisierenden Moderne. Die erfrischend unüblichen Klang- und Stilcollagen, die auf Invisible Loop ein Spektrum von Bach bis Nik Kershaw abdeckten, erwiesen sich jedoch als tückisch. Denn jede Wiederholung des Konzepts wäre ein Rückschritt gewesen. Schiefel musste sich etwas überlegen.
Er besann sich auf seine eigenen Qualitäten als Komponist, die er über ein Jahrfünft hinweg an der Berliner Hochschule der Künste ausgebildet und seit Beginn der neuziger Jahren in eigenen Projekten wie Jazz Indeed oder den Mosaique 4 Voices verfeinert hatte. So entstand im Spätsommer 1999 über reflexionsreiche Wochen hinweg I DonÕt Belong, eine Vokalsuite in 14 fortlaufenden Kapiteln, die sich mit Ausnahme eines Police-Klassikers ausschließlich auf Originalkompositonen stützt. Der Text tritt diesmal zugunsten der Hörbilder in den Hintergrund und ergänzt nur mehr an wenigen Stellen die Klangeindrücke mit poetisch skurrilen Akzenten, die um urbane Themen wie Raum und Bewegung, Identität und Flucht kreisen: „Mit dem ersten Album wollte ich ausprobieren, was überhaupt mit der Stimme möglich ist. Diesmal ging es mir darum, meine eigenen Person mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Die Musik wird daher intimer, individueller, als sie bei den Coverversionen auf Invisible Loop sein konnte“.
Der Rest ist Stimme, Montage, Collage. Schiefel experimentiert mit Schichtungen und Spiegelungen, Linearität und Gleichzeitigkeit, Direktheit und Verfremdung. So wie sich die Titel in der Sukzession als Geschichte lesen lassen, greifen auch die musikalischen Motive ineinander. Fragile Koloraturen schmiegen sich in ungerade Rhythmen, Klangflächen lösen sich in Melodienlinien auf und verlaufen zu vieldeutigen Assoziationsräumen. Schiefel nützt die Möglichkeiten der modernen Studiotechnik, um sich selbst zu vervielfältigen. Er widersteht zugleich der Versuchung, seine Musik durch klangkosmetische Korrekturen zu überhöhen. I Don’t Belong ist daher eine ebenso angreifbare wie ehrliche Stellungnahme eines neugierig kreativen Künstlers, der sich nicht mit der ästhetischen Normalität zufrieden gibt. Und der gerade erst begonnen hat, seinen Weg zu gehen.
***
Michael Schiefel – I Don’t Belong (english)
Michael Schiefel could have just kept going from where he started, so promising was his take off into professionalism. His solo album „Invisible Loop“ (1997) amazed the music scene and had critics raving about his concerts. Although he hadn’t been in the business very long, the young man was invited to such prestigious events as Jazz Across the Border, and toured successfully in Europe. Everything was „wunderbar“, considering the possibilities available to a singer at the beginning of his career.
But limits soon became apparent. Schiefel started on an extremely high level. He created an aesthetic niche with his debut album that woke high expectations. Using his voice (with different variations and effects) as the sole instrument, he put complexly combined networks of sound together, filling a gap in the improvising modern’s spectrum of style. However, Invisible Loop’s refreshingly unusual sound and style collages, that cover a range from Bach to Nik Kershaw, did turn out to be tricky. Any repetition of the concept would have been a step backwards. Schiefel had to think of something new.
He contemplated his own qualities as a composer. The result, after long weeks of reflection was „I Don’t Belong“, a vocal suite in 14 continuing chapters, all original compositions with the exception of one Police classic. Schiefel experiments with layering and mirroring, linearity and simultaneity, directness and alienation. And just as the titles can be read in succession like a story, the musical motives relate to each other. Fragile coloraturas snuggle up to off-beat rhythms, expanses of sound dissolve into melody lines and disperse into ambiguous spheres of associations. Schiefel uses the possibilities of modern studio technology to duplicate himself. At the same time he resists the temptation to over-enhance his music with cosmetic sound correction. As a result, „I Don’t Belong“ is an album just as open to attack as it is an honest statement of a creative young artist who isn’t satisfied with aesthetic normality. And one who has only just begun to go his own way.