Release May 06, 2016
EAN/UPC: 705304463222
Traumton CD: 4632
Lineup
Lucca Fries: piano Jonas Ruther: drums
All music wirtten by Lucca Fries & Jonas Ruther, published by Traumton Musikverlag
Produced by Hely
Info / Info english
Hely – Jangal
Diese Konstellation sieht nicht nur auf dem Papier ungewöhnlich aus, sie klingt auch so. Mit ihrem zweiten Album Jangal stechen Hely musikalisch wie formal aus dem Umfeld europäischer Jazzpiano-Bands heraus. Was die raffinierte Interaktion des jungen Duos aus Zürich ausmacht, ist – neben anderen Aspekten – das tiefe Verständnis für ihr jeweiliges Gegenüber. Pianist Lucca Fries lernte schon früh auch Schlagzeug und nahm während des Studiums Unterricht auf seinem Zweitinstrument. Drummer Jonas Ruther setzte sich ebenfalls schon als Kind ans Klavier und spielt es bis heute, so sagt er, „leidenschaftlich“.
Es ist also eine mehr als intuitive Nähe, die sich in Helys Kompositionen widerspiegelt, Sie manifestiert sich in der engen Verzahnung der Instrumente, einem facettenreichen Sound und infizierenden rhythmischen Flüssen. „Wir spielen viel, improvisieren, tauschen manchmal die Instrumente oder hören zusammen Musik“, beschreibt Lucca Fries die intensiv-freundschaftliche Zusammenarbeit. „Es kann auch vorkommen, dass wir stundenlang nur diskutieren und dann was essen gehen. Unsere Stücke entstehen auf diesen Wegen also ganz natürlich. Die Ideen kommen uns oft spontan, danach geht es darum, sie auszuleuchten, was manchmal länger dauern kann. Es passiert aber auch, dass ein Stück schon beim ersten Versuch so gut funktioniert, dass wir uns entscheiden, es ohne weitere Proben beim nächsten Gig wieder zu spielen.“
Mäandernde Linien lassen klassischen Minimalismus am Horizont wetterleuchten. Dynamisch anschwellende Figuren und sich zuspitzende Stakkati entfachen fast Trance-artige Atmosphäre. Traumwandlerisch sicher bewegen sich Klavier und Schlagzeug zwischen Klarheit und Komplexität, interessanter Harmonik und Klangfarben. Offene Strukturen verdichten sich langsam, aber unaufhaltsam; eine unmittelbare, nie plakativ auftrumpfende Energie zieht den Hörer unwillkürlich in Helys oszillierendes Universum. Zwischendurch bieten ruhigere, atmosphärische Passagen Raum zur Kontemplation.
Die unkonventionelle Ästhetik des Duos schöpft aus verschiedenen Inspirationsquellen, nutzt Einflüsse aber nur als Impulse für einen insgesamt sehr persönlichen Ausdruck. „Wir setzen uns keine stilistischen Grenzen“, hält Jonas Ruther fest. „Schon früh haben uns freie Geister wie das John Coltrane Quartett geprägt, ihre Haltung zur Musik, der gemeinsame spontane Ausdruck und die Suche nach ekstatischen Momenten des Zusammenspiels.“ Mit Dogmen und Moden haben Hely nichts im Sinn. Anfangs, vor bald fünf Jahren, nutzten sie zuweilen elektronische Effekte, doch schon für ihr erstes Album Rapture entschieden sie, rein akustisch zu spielen. „Die Möglichkeiten unserer Instrumente schienen uns unerschöpflich und wir hatten Lust, in diese Richtung zu forschen. Dafür haben wir viel experimentiert, etwa mit Präparierungen, um eine interessante Klangvielfalt ohne elektronischer Hilfe zu erreichen. Auf unserem neuen Album verzichten wir weitgehend auf solche Präparierungen, zugunsten der Kompositionen.“
Unabhängig voneinander kamen Fries und Ruther auf verblüffend ähnlichen Wegen zum Jazz. „Mein Vater arbeitete als Klavierlehrer und ich hörte ihn schon als kleines Kind Bach spielen und improvisieren“, erzählt Lucca Fries. „So begann ich, neben dem klassischen Unterricht, nach seinem Vorbild frei zu improvisieren. Mit sieben schenkte er mir Keith Jarretts Köln Concert, das mir so eingefahren ist, dass ich es über Monate jeden Abend vorm Einschlafen mit dem Discman hörte.“ Jonas Ruthers Geschichte geht so: „Mit sechs wollte ich unbedingt Schlagzeug spielen, da das aber noch nicht möglich war, kam ich erstmal zu den Trommlern und bekam später ein Schlagzeug. Eines Tages spielte mir mein Vater eine CD des McCoy Tyner Trios und ein Solo-Album von Keith Jarrett vor. Sie faszinierten mich dermassen, dass sich mein Leben quasi über Nacht verändert hat.“ Fries und Ruther wurden mit einem halben Jahr Abstand 1986 respektive 1987 in Zürich geboren, absolvierten ihren Master in Jazzperformance in Luzern und einen Master in Pädagogik in Zürich. Ehe sie 2011 beschlossen, als Duo unter dem Namen Hely zu arbeiten, hatte Lucca Fries vor allem solo und in einem Trio gespielt, zum dem der seinerzeit in mehreren Jazzbands beschäftigte Jonas Ruther stieß.
„Nachdem der Bassist die Band verlassen hatte, arbeiteten wir zunächst zu zweit und suchten einen passenden Ersatz. Nach einer Weile merkten wir aber, dass unsere direkte Kommunikation im Duo noch besser funktioniert und noch ganz andere Dinge möglich wurden“, fasst Fries die damalige Entwicklung zusammen. Ruther ergänzt: „Wir wussten einfach, dass wir unbedingt zusammenspielen wollten. So probierten wir verschiedene Besetzungen aus. Nach einigen gescheiterten Versuchen und einer weiteren berauschenden Duo-Improvisation realisierten wir, dass wir längst hatten, was wir suchten.“
Die ungewöhnliche Besetzung ist für Hely also selbstverständlich und kein ausgedachtes Konzept. „Es war nie unsere Absicht, das Publikum zu irritieren, obwohl das immer noch vorkommen kann.“ Die Konzentration auf Klavier und Schlagzeug bietet eben enormes Potential für Überraschungen, das die beiden jungen Schweizer ebenso präzise wie spielfreudig ausloten. Auf ihrem prägnanten Album ebenso wie in bisweilen euphorischen Konzerten. Übrigens: Der Albumtitel Jangal bedeutet in Farsi Dickicht und wurde vom gleichnamigen Stück übernommen. „Schon unser Arbeitstitel für diese Komposition war Jungle, weil sie nach einem großen Ameisenhaufen und Schlangen klingt“, erzählt das Duo lachend. Insgesamt wirkt Helys Musik nicht selten wie ein Urwald, dessen dichte Vielfalt unausweichlich fasziniert und auf den zweiten Blick spannende Details offenbart.
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Hely – Jangal (english)
This constellation does not only appear unusual on paper, it sounds unusual as well. With their second album Jangal, Hely stand out musically and formally in the landscape of European jazz-piano bands. What makes the artful interaction of the young duo from Zurich so unique is – amongst other aspects – the profound understanding of the respective counterpart. Pianist Lucca Fries also learned drums from early on and had instruction on his second instrument during his studies. Likewise, drummer Jonas Ruther sat at the piano as a child and to this day still plays it “passionately”, to say in his words.
So it is a more than intuitive closeness that is reflected in Hely’s compositions. It manifests itself in the tight interlocking of the instruments, in a multifaceted sound and the infectious rhythmic flow. Meandering lines let classical minimalism flash up on the horizon. Dynamically swelling figures and acuminating staccatos arouse an almost trance-like atmosphere. With somnambulistic certainty, piano and drums move between clarity and complexity, between interesting harmonies and timbres. Open structures intensify slowly, but inexorably; a direct, but never overly flaunting energy inevitably draws the listener into Hely’s oscillating universe. And in between, calmer atmospheric parts offer space for contemplation.
The unconventional aesthetic of the duo draws inspiration from various sources, but uses influences only as impulses for an altogether personal expression. Hely don’t concern themselves with dogmas or fashions. At first, some five years ago, they occasionally used electronic effects, yet on their first album Rapture they had already decided to play completely acoustically. “The possibilities of our instruments seemed inexhaustible to us and we wanted to explore in this direction. Therefore we experimented a lot, for instance with preparation of our instruments, to achieve an interesting diversity of sound without the electronic aid. On our new album we largely do without such preparations, in favor of the compositions.”
Fries and Ruther came to jazz music independently from another, yet in astoundingly similar ways. “My father worked as a piano teacher and already as a young child a I heard him play Bach and improvise,” Lucca Fries recounts. “Thus I began – beside the classical lessons – to improvise freely after his example. At the age of seven he gave me Keith Jarret’s Köln Concert, which drew me in so deeply, that I listened to it on my Discman every night before falling asleep for months.” Jonas Ruther’s story goes like this: “With six years I absolutely wanted to play the drums, but since it wasn’t possible yet, I started out with the percussionists and got my drum set later. One day my father played me a CD of the McCoy Tyner Trio and a solo-album from Keith Jarret. They fascinated me so much, that my life virtually changed over night.” Fries and Ruther were born in Zurich half a year apart from another in 1986 and 1987, completed their masters in jazz-performance in Lucerne and their masters degrees in education in Zurich. Before they decided in 2011 to work as a duo under the name Hely, Lucca Fries had primarily played solo and in a trio. Jonas Ruther, who was playing with several jazz-bands at the time, then joined this trio.
So evidently the unusual instrumentation is not a contrived concept for Hely. “It was never our intention to irritate the audience, although that can still occur.” The concentration on piano and drums offers a tremendous potential for surprises, which the two young Swiss musicians fathom precisely and joyfully, on their incisive album and in their euphoric concerts alike. By the way: The album title Jangal means “thicket” in Farsi and was taken from the piece of the same name. “Our working title for this composition was ‘Jungle’, because it sounds like a huge anthill and snakes,” the duo tells with a laugh. All in all it is not seldom, that Hely’s music sounds like a jungle whose dense diversity inescapably fascinates and at a second glance reveals exciting details.