Release October 03, 2008
EAN/UPC: 705304452028
Traumton CD: 4520
Lineup
Arne Jansen: guitar Eva Kruse: bass Eric Schaefer: drums
All compositions by Arne Jansen, published by Traumton Musikverlag
Recorded, mixed and mastered Dec 2007 /Jan 2008
by Schumann & Bach at mikrokosmos studio
Assisted by: Daniel Schwendemann
Produced by Arne Jansen / Schumann & Bach
Info / Info english
Arne Jansen Trio – Younger Than That Now
Brauchen starke Musiker einen Nachwuchs-Bonus? Der Berliner Jazzgitarrist Arne Jansen beweist: Nein! Jeder deutsche Jazzmusiker unter 45 wird heute als Nachwuchs gepriesen, als sei das eine Entschuldigung für mangelnde Eigenständigkeit. Arne Jansen hat derartige Rechtfertigungsversuche nicht nötig. Im Rock oder Pop würde er mit über 30 sowieso schon zum alten Eisen gehören. Warum nicht im Jazz dieselben Maßstäbe anlegen? Arne Jansen ist ein Gitarrist, der nicht nur ganz genau weiß, was er sagen will, sondern auch präzise die Mittel kennt, mit denen er dies umsetzt. Ein abenteuerlustiger Jazzprofi, der die Routine nicht über die Neugier siegen lässt, aber dem Experiment keinen Vorrang gegenüber der Geradlinigkeit einräumt.
Im Arne Jansen Trio treffen sich alte Bekannte. Schon bevor Bassistin Eva Kruse und Schlagzeuger Eric Schaefer sich mit Michael Wollny zu der Band [em] zusammenfanden, die zu Recht als Vorzeige-Trio des deutschen Jazz gilt, spielten sie mit Jansen. Musikalisch betritt das Arne Jansen Trio trotz der Zwei-Drittel-Übereinstimmung mit [em] jedoch eine völlig andere Welt, die man flüchtig mit Harmonie statt Reibung beschreiben könnte. „Bei dem Trio stehen stets meine Stücke im Vordergrund, die wir zusammen bearbeiten. Ich schreibe zwar die Stücke, lasse den beiden anderen Musikern jedoch genug Raum, sich einzubringen. Mir ist es extrem wichtig, dass jeder für sich einen Part findet, der ihm das Gefühl gibt, jetzt trifft er irgendwas. Ich will aus Eva und Eric das Eigene rauskitzeln, das nur sie einbringen können. Schon beim Schreiben eines Stückes versuche ich etwas zu finden, das den beiden gerecht wird. Im Studio setzen wir diesen Prozess fort. Dabei passiert es schon manchmal, dass meine Vorstellungen im Proberaum komplett umgeschmissen werden.“
Das im Jazz verbreitete Höher, Schneller, Weiter ist nicht Arne Jansens Ding. Erst am Ende der Arbeit an „Younger Than That Now“ merkte er, dass kein Stück dabei war, bei dem er für sein Gitarrespiel bewundert werden würde. Wenn das Trio überhaupt einen Superlativ bedient, dann den des exzessiven Understatements. Doch die Musik ist authentisch und ebenso alltagskompatibel wie feierlich. Der eine oder andere Jazz-Purist mag das Album mangels Frickelei trivial finden, doch damit können Jansen, Schaefer und Kruse gut leben. Das Trio wendet sich an den Jazzhörer mit offenem Geist, für den Musik mehr ist als die Bestätigung zementierter Erwartungshaltungen.
Jansens große Stärke ist sein Mut zur einfachen Melodie. Unüberhörbar ist eine starke Affinität zum Rock. Viele Stücke ähneln eher instrumentalen Rocknummern als Jazzstücken. Auch Kruse und Schaefer gehen ungleich straighter zur Sache, als man es von anderen Formationen kennt. So mag es auch nicht weiter verwundern, wenn man im Jazz vergeblich nach Vergleichen sucht, mit denen man die Musik des Jansen Trios vergleichen könnte. Historische Gleichgesinnte finden sie bestenfalls in dem Trio Gateway mit John Abercrombie, Dave Holland und Jack DeJohnette. Ohne ihren Jazz-Background zu verleugnen, erfanden Gateway eine stilistisch neutrale Instrumentalmusik, die unter Einbeziehung von Jazz-Versatzstücken ihre Spannung allein aus sich selbst bezog. Dasselbe trifft auf das Arne Jansen Trio zu.
Bei aller stilistischen Offenheit hat Arne Jansen die Jazzgitarre absolut verinnerlicht. Pat Metheny gehörte zu seinen Mentoren, John Scofield hat er nach eigenem Bekunden fanatisch verehrt, und aus seinem Respekt für Bill Frisell macht er keinen Hehl. Doch diese Vorbilder haben auf „Younger Than Now“ nicht mehr viel Raum. Viel wichtiger sind dem Gitarristen Bands und Musiker wie Radiohead, Joni Mitchell oder Bob Dylan, dem er mit seinem Stück „Rain On My Carpet“ seinen Tribut erweist. Auch der Albumtitel „Younger Than That Now“ geht auf den Dylan-Song „My Back Pages“ zurück, in dem es heißt „Oh, I was so much older then, I’m younger than that now“. Mit diesem Ausspruch und Dylans ganzer Haltung verbindet sich für Jansen die Maxime, komplexe Dinge sehr einfach klingen zu lassen. „Früher habe ich sehr komplizierte Musik geschrieben, die dann auch keiner hören wollte. Die Stücke des neuen Albums klingen teilweise sehr einfach, aber ich habe lange daran gearbeitet und versucht, sie auf ihren Kern zu reduzieren. Von Bob Dylan habe ich gelernt, dass die einfachsten Dinge oft die größte Tiefe haben. Aber diese Einfachheit muss man sich erst einmal erarbeiten.“
Ein weiterer Bezugspunkt ist für Arne Jansen der japanische Schriftsteller Haruki Murakami, der in Deutschland bestens durch Bücher wie „Hard Boiled Wonderland“, „Kafka am Strand“ oder „Mister Aufziehvogel“ bekannt ist. Ihm ist nicht nur ein Track gewidmet („The End Of The World“), sondern die Titel vieler Stücke beziehen sich auf Murakami-Zitate- oder Gedanken. Der Gitarrist schätzt an dem Japaner die Arbeitsweise, von einer winzigen Idee auszugehen, die nur eine Stimmung wiedergibt, und daraus im Rückgriff auf das Unterbewusstsein ein ganzes Geflecht von Beziehungen zu generieren. Jansen selbst arbeitet ganz ähnlich. Sowohl im Rahmen des Albums wie auch im Kleinen in jedem einzelnen Stück beginnt er mit einer musikalischen Atmosphäre, die wie eine Knospe aufgeht und sich dann in einer vollen Blüte entfaltet. Ein ebenso poetisches wie logisches Werden und Vergehen, das man als Hörer mit unterschiedlichsten Präferenzen leicht seinem eigenen Rhythmus anpassen kann.
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Arne Jansen Trio – Younger Than That Now (english)
Do young, strong musicians need supporting purely by virtue of their age? Berlin Jazz guitarist Arne Jansen proves not. Every German Jazz musician under 45 is lauded for being young, almost as an excuse for a lack of independence. Arne Jansen has no need for such attempts at justification. Aged over 30, he would be considered one of the old guard in the genres of Rock or Pop. Why not apply the same scale to jazz? Arne Jansen is a guitarist who not only knows exactly what he wants to say, but also knows exactly with which means he wants say it. An adventurous Jazz pro who doesn’t let routine overrule curiosity, but whose experimentation does not rule out making things straightforward.
The Arne Jansen trio is a meeting point for old friends. Before joining Michael Wollny to form [em] – rightfully acclaimed as a flagship trio of German Jazz – bassist Eva Kruse and drummer Eric Schaefer played with Jansen. Despite being two thirds [em], the Arne Jansen Trio occupies a completely different musical world, which could in short be described as comprising harmony rather than friction. „With the trio, the focus is always music written by me then developed by us together. I do write the pieces, but there’s enough space for the others to contribute. It is extremely important to me that everyone finds a part that allows them to connect to something. I want to tease out of Eric and Eva something that only they can offer; something of themselves. At the writing stage I am already looking for something that works for them. In the studio this process continues, and sometimes leads to my ideas in the practice room being turned on their head.“
The concept of higher, faster, further, so often heard in Jazz, is not Arne Jansen’s thing. It was only when he finished working on „Younger Than That Now“ that he noticed his guitar playing would not be an object of wonder on any of the record’s pieces. In fact, if one superlative were attributed to the Trio, it would be for excessive understatement. But the music is authentic, and just as compatible to everyday listening as it is to special occasions. Maybe the odd Jazz purist will find the album trivial due to its lack of jazz-wackiness, but Jansen, Schaefer and Kruse can happily live with that. The trio turns instead to more open Jazz listeners, for whom music is more than the confirmation of cemented expectations.
Jansen’s greatest strength is the courage to write simple melodies. His pronounced affinity with rock is plain to hear, and many pieces resemble instrumental rock numbers rather than Jazz pieces. Kruse and Schaefer also keep things much straighter than is the case in other formations. So it’s hardly surprising to find that a search for adequate candidates within the world of Jazz with which the JansenTrio’s music could be compared proves fruitless. Going back, the most appropriate like-minded artists can be found in the Trio Gateway with John Abercrombie, Dave Holland und Jack DeJohnette. Without denying their Jazz background, Gateway invented stylistically neutral instrumental music which, through its incorporation of pieces of Jazz scenery, developed a tension entirely of its own. The same could be said of the Arne Jansen Trio.
Whilst maintaining complete openness stylistically, Arne Jansen has entirely immersed himself in jazz guitar. Mentored by Pat Metheny, Jansen openly states his fanatical veneration of John Scofield, and makes no bones about his respect for Bill Frisell. However, these role models don’t have much room on „Younger Than That Now“. Much more important to the guitarist are bands and musicians like Radiohead, Joni Mitchell or Bob Dylan, to whom he pays tribute in „Rain On My Carpet“. The album title „Younger Than That Now“ also goes back to Dylan’s „My Back Pages“, where he sings, „Oh, I was so much older then, I’m younger than that now“. To Jansen, this statement, along with Dylan’s whole philosophy, culminates in the maxim: make complex things sound simple. „I used to write very complicated music that nobody wanted to listen to. Some of the pieces on the new album sound very simple, but I’ve spent a long time working on them and trying to reduce them down to their very core. I learnt from Bob Dylan that often the simplest things have the greatest depth. But this simplicity has to be worked out first“.
Another point of reference for Arne Jansen is Japanese writer Haruki Murakami, best known in Germany through books such as „Hardboiled Wonderland and the End of the World“, “Kafka on the Shore “ or „The Wind-up Bird Chronicle”. He has not only dedicated a track („The End of the World“); the titles of several pieces can be traced back to Murikami quotes or ideas. The guitarist values the writer’s approach: starting with a tiny idea, which creates a mood and nothing more, and on the basis of this then reaching into the unconscious and creating a whole network of relationships. Jansen himself adopts a similar method. In terms of both the album as a whole, and the individual pieces within it, he begins with a musical atmosphere which opens like a bud into a flower. This represents a creative cycle as poetic as it is logical, which listeners with the most diverse preferences can easily adapt to fit their own rhythms.