Release October 26, 2018
EAN/UPC: 705304466520
Traumton CD: 4665
Lineup
Simon Heggendorn: violin Ronny Spiegel: violin David Schnee: viola Sebastian Braun: violoncello
* arranged by Kaleidoscope String Quartet 1, 2 and 6 published by Traumton Musikverlag
A co-production with Radio SRF 2 Kultur
Recorded by Moritz Wetter at SRF Studio 1, December 4-6, 2017
Mixed by Moritz Wetter
Mastered by Michael Brändli at HARDSTUDIOS, Winterthur
Info / Info english
Kaleidoscope String Quartet – Reflections
Mit seinen bislang veröffentlichten Studio-Alben sowie spektakulären Konzerten hat sich das Kaleidoscope String Quartet (KSQ) in den vergangenen Jahren international gut etabliert. Die vier Schweizer im Alter zwischen Ende Zwanzig und Ende Dreißig transzendieren das klassische Streichquartett-Format in neue Dimensionen, lassen Genregrenzen hinter sich und entlocken ihren Instrumenten zuweilen unkonventionelle bis unerwartete Töne. Schon auf Curiosity, ihrem im Herbst 2015 erschienenen zweiten Werk, faszinierten sie mit markanten Klangfarben und charismatischen Eigenkompositionen. Umso mehr verblüfften sie bei nachfolgenden Auftritten durch Virtuosität, dynamische Improvisationsfreude – und konsequenten Verzicht auf jegliche Notenblätter. Die besondere Herausforderung, alles auswendig zu spielen, „ermöglich einen freien, risikofreudigen Umgang mit dem musikalischen Material und öffnet Räume für Entwicklung und Vertiefung“, erklärt der erste Violinist Simon Heggendorn.
„Die grundsätzliche Idee ist, unterschiedliche Stile, die uns geprägt haben, in unsere eigene Klangsprache zu überführen“, erklärt Heggendorn den Geist des 2009 gegründeten Quartetts, das sich als Band im klassischen Sinn versteht. „Es geht uns darum, Interaktion und Spontaneität musikalisch zu leben.“
Auf seinem neuen, dritten Album Reflections interpretiert das Kaleidoscope String Quartett neben zwei Kompositionen Heggendorns und einer von Bratschist David Schnee nun überraschend viele Stücke aus „fremder“ Feder. Etwa vom Zürcher Zen-Jazz-Denker Nik Bärtsch und Mathias Rüegg, Leiter des legendären Vienna Art Orchestra. Zudem vom Wiener Kontrabassisten Georg Breinschmid, dem Filmmusik-Spezialisten und Klavier-Klangforscher Ephrem Lüchinger sowie von Saxophonistin Nicole Johänntgen. „Wir haben einige uns nahestehende und befreundete Musiker gefragt, ob sie für uns schreiben würden“, erklärt Heggendorn, „weil wir wussten, dass es uns als Quartett weiterbringen würde.“ Die Energie und Arbeitsweise sei eine andere, wenn der Komponist aus den eigenen Reihen komme, ergänzt David Schnee. Die Öffnung nach außen, für Musik von anderen Künstlern, betrachtet das KSQ als substantielle Entwicklung, nachdem es bislang mit ausschließlich eigenen Werken sein individuelles Profil definiert und geschärft hat.
Hinsichtlich der Stilistik habe es keine Vorgaben an die Komponisten gegeben, erklärt das Quartett. Gospodine Marquis von Georg Breinschmid strahlt, nicht zuletzt durch sein hinterlistiges Spiel mit vermeintlich vertrauten Melodien, subtilen Witz aus. „Breinschmid hat seinen ureigenen Kompositionsstil, der vielfach Virtuosität und Humor ganz wunderbar verbindet“, konstatiert Heggendorn, „seine Nähe zum Balkan verleitet ihn auch immer wieder, mit ungeraden Taktarten zu arbeiten.“ Selbstverständlich erinnert Bärtschs schon etwas älteres Modul 17 wegen seiner kleinteiligen und repetitiven Strukturen immer noch an die Band Ronin, für die es seinerzeit geschrieben wurde. Obwohl nun alle vier KSQ-Mitglieder Ideen zur Entwicklung des Arrangements beisteuerten. Andere Titel lassen ihre Urheber nicht unbedingt ad hoc erkennen. Ihre dem Jazz nahestehende Ästhetik verleitet das KSQ noch etwas entschiedener als früher zu rhythmisch akzentuierter Spielhaltung. Zuweilen entwickeln die Vier neben spannenden Kontrasten aus lockenden Melodien und raffinierten Kontrapunkten sogar Rock-ähnlichen Biss, unter anderem in Lüchingers Cthulhus Dance.
Rhythmische Phrasierungen bis hin zu Grooves gehören von je her zu den charakteristischen Merkmalen des Kaleidoscope String Quartet, ebenso seine stilistische Spannweite, die bis hin zu Folk-ähnlichen Melodien reicht. „Wir leben in der Postmoderne, da gibt es einfach vielfältige Möglichkeiten der Kombinatorik“, konstatierte David Schnee 2015 in der Neuen Zürcher Zeitung. Gegründet wurde das KSQ 2009, anlässlich einer Produktion, bei der die Streicher mit einem Jazzquintett kooperierten. Danach beschlossen Heggendorn und Schnee, seinerzeit noch mit zwei anderen Partnern (darunter Violinist Tobias Preisig), als Kaleidoscope String Quartet weiter zu machen. 2011 erschien das Debütalbum Magenta, im Jahr darauf wurde das Ensemble mit dem ZKB Jazzpreis ausgezeichnet, was den Tagesanzeiger Zürich jubeln ließ: „Noch nie […] gab es einen Sieger, der sich mit einer solchen Souplesse [= Geschmeidigkeit. Anm. des Verf.] den Preis erspielt hätte.“
Das bereits erwähnte zweite Album Curiosity erhielt begeisterte Resonanz. Ein Kritiker des Magazins Rondo beschrieb es als „äußerst vergnügliche und intelligente Musik“, während im Jazz Thing zu lesen war, die Musiker „fügen barocke Figuren mit feiner Melancholie in nahezu abstrakte Gebilde, swingen durch poppige Riffs […] Eine hinreißende Melange aus arrangierter und improvisierter Musik.“ Ebenso euphorisch zeigen sich Beobachter der Konzerte, die das KSQ bereits um den halben Globus, in Konzertsäle und Jazzclubs führten. 2016 spielte es etwa beim Cully Jazz Festival, im Münchener Gasteig und auf der Plaza der Elbphilharmonie, 2017 tourte die Band erfolgreich durch Brasilien und Argentinien, gastierte beim Brussels Chambermusic Festival und beim Bayerischen Rundfunk im Rahmen von „Klassik im Underground“. Im März 2018 füllte KSQ das Berliner Radialsystem V, im Juni realisierte es ein gemeinsames Orchester-Projekt mit der Basel Sinfonietta. Eine Kritikerin der Berner Zeitung kommentierte einen Auftritt im letztjährigen Sommer: „Das Ensemble entlockt seinen Instrumenten Töne von überraschender Intensität. […] Es groovt, flageoliert, kitzelt Gehörgänge, lässt die Zuhörenden auch mal zusammenzucken oder trägt sie fort nach Fantasia und wirft sie dort ab.“
Der Titel des aktuellen Werks, Reflections, nimmt Bezug auf die oben angesprochene Öffnung für Fremdkompositionen, erklärt Simon Heggendorn. „Wir reflektieren mit jenen neuen Stücken, die nun nicht mehr von mir oder David Schnee sind, unseren Weg, den wir als Band in den letzten Jahren gegangen sind.“
Virtuoser denn je changiert das Kaleidoscope String Quartet heute zwischen Leichtigkeit und Detailschärfe, Transparenz und komplexer Verdichtung. Die spielerische Eleganz und sympathische Ausstrahlung begeistert Jazz- und Klassik-Freunde ebenso wie Pop-Fans. Zumal das KSQ alle Dogmen souverän beiseite wischt, sich ganz auf den eigenen, in vielen Facetten schillernden Klangkosmos fokussiert. Eine solch hochkarätige und gleichzeitig unprätentiöse Grandezza ist selten. Mit Reflections zieht das Kaleidoscope String Quartet endgültig in den internationalen Olymp der vielseitigen, stilistisch offenen Streichquartette ein.
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Kaleidoscope String Quartet – Reflections (english)
With the studio albums released to date and with spectacular concerts, the Kaleidoscope String Quartet (KSQ) has become internationally established very well over the past years. The four Swiss musicians transcend the classical string quartet format into new dimensions and leave genre limitations behind. On their second work Curiosity, released in fall 2015, they already fascinated with striking timbres and charismatic original compositions. In the following performances they amazed even more with virtuosity, dynamic joy in improvisation and consistently playing without any sheet music. The extra challenge of playing everything by heart, “enables a free, venturesome approach of the musical material and opens space for development and intensification,” the first violinist Simon Heggendorn explains.
On the new third album Reflections, aside from only two own compositions by Simon Heggendorn and David Schnee, the Kaleidoscope String Quartet now interprets surprisingly many pieces penned by other composers. Among the delegated composers are well-known names like the Zurich-based Zen-Jazz thinker Nik Bärtsch and Mathias Rüegg, head of the legendary Vienna Art Orchestra. Furthermore, the Viennese double bass player Georg Breinschmid, movie score specialist and piano sound explorer Ephrem Lüchinger, as well as saxophonist Nicole Johänntgen. The KSQ regards opening the repertoire to music of other artists as a substantial development, after defining and sharpening its individual profile with exclusively own pieces until now.
There were no guidelines given to the composers in regard to style or genre, the quartet explains. With its intricately detailed and repetitive structures, “Modul 17” is obviously quite indicative of Nik Bärtsch, even though all four KSQ members contributed ideas while developing the arrangement. “Gospodine Marquis” by Georg Breinschmid exudes subtle humor due to its cunning playfulness with allegedly familiar melodies. Other pieces don’t necessarily reveal their creator right away. Its jazz-affiliated aesthetic entices the KSQ into a rhythmically accentuated approach of playing more decisively than in the past. Besides exciting contrasts of enticing melodies and elaborate counterpoints, the four sometimes even develop rock-like energy, for example in Heggendorn’s “Cthulhus Dance”.
The KSQ was founded in 2009 on occasion of a production where the string section was playing with a jazz quintet. Thereafter Heggendorn and Schnee – at that time still with two other partners (including violinist Tobias Preisig) – decided to continue as the Kaleidoscope String Quartet. In 2011 the debut album Magenta was released. In the following year the ensemble was awarded the ZKB Jazz Prize, which the newspaper Tagesanzeiger Zürich raved about: “Never before has there been a winner, who acquired the prize with such suppleness.” The above-mentioned second album, Curiosity, received ecstatic responses. A critic of the magazine Rondo described it as “highly enjoyable and intelligent music”, while Jazz Thing wrote, the musicians “join baroque figures with fine melancholy into almost abstract shapes and swing through pop riffs. […] An enchanting mélange of arranged and improvised music.” Equally euphoric are the reactions of audiences of the concerts, which have already brought the KSQ to concert halls and jazz clubs halfway around the globe. In 2016 for instance, it played at the Cully Jazz Festival, in the Gasteig in Munich and on the plaza of the Elbphilharmonie, in 2017 the band successfully toured through Brazil and Argentina, guested at the Brussels Chamber Music Festival and at Bayerischer Rundfunk [Bavarian Broadcasting] as part of “Klassik im Underground” [Classical Music in the Underground]. In March 2018 the KSQ sold out the Berliner Radialsystem V, in June it realized a joint orchestra project with the Basel Sinfonietta.
The Kaleidoscope String Quartet now switches between lightness and sharp detail, between transparency and complex densification more masterly than ever. The playful elegance and charisma enthralls friends of jazz and classical music, as well as fans of pop music. Especially since the KSQ wipes all dogmas aside and focuses completely on its own multifariously shimmering cosmos of sound. Such a top-class and at the same time unpretentious grandeur is rare. With Reflections, the Kaleidoscope String Quartet definitively enters the highest international realm of versatile, stylistically open string quartets.