Release October 04, 2019
EAN/UPC: 705304468227
Traumton CD: 4682
Lineup
Andreas Lammel: piano René Bornstein: doublebass Florian Lauer: drums
1,2,3,5,8,9 by René Bornstein, 4 by Florian Lauer, 6,7,10 by Andreas Lammel
All titles published by Traumton Musikverlag Recorded and mixed by Andreas Lammel, mastered by Wolfgang Loos at Traumton Studios Berlin
Produced by Wolfgang Loos
Info / Info english
Lammel Lauer Bornstein – Field
Für ihr Ende 2016 bei Traumton veröffentlichtes Album Look At Me erhielten Pianist Andreas Lammel, Schlagzeuger Florian Lauer und Bassist René Bornstein eine Nominierung für den Jazz-Echo und viel Lob von allen Seiten. Im Deutschlandfunk Kultur begeisterte sich Jazzredakteur Matthias Wegner für den „unglaublich schönen Sound“, Concerto erkannte „hohe intuitive Improvisationskunst.“ Die Fränkische Landeszeitung befand: „Dieser Jazz hat eine ganz eigene Sprache entwickelt, zeigt sich intelligent, aber nie verkrampft oder kopflastig und zudem ausgesprochen charmant, experimentierfreudig und luftig leicht schwebend.“ In der FAZ schrieb Norbert Krampf über ein Konzert: „[LLB] wissen, wie man ein Publikum bei Laune halten kann, ohne in plakatives Entertainment zu verfallen. [Live] laden sie ihre Stücke mit mehr Energie auf, die sich in größerer Dynamik und weitläufigeren Improvisationen zeigt.“
Zum 10. Bandjubiläum erscheint nun Field. In zehn selbst komponierten Stücken und einer ziemlich freien Chopin-Adaption loten Lammel | Lauer | Bornstein entschiedener denn je die Spanne zwischen lyrischen Momenten und kraftvoller Wucht aus. Dynamisch und mit viel Gestaltungswillen vereinen sie traumverlorene Melodien und harmonische Vielfalt, ansteckende Grooves und rhythmisch ausgeklügelte Strukturen zu einem persönlichen, bewusst verständlich gehaltenen Klang.
Das neue Werk reflektiert und dokumentiert die Entwicklung der vergangenen Jahre. Seit dem Erscheinen von Look At Me unternahm das Trio, das sich als feste Band unterschiedlicher Charaktere beschreibt, jedes Frühjahr und jeden Herbst eine Tournee von mindestens zwei Wochen. Darüber hinaus spielten LLB Support-Gigs für Billy Cobham und China Moses, bei diversen Festivals und in unzähligen renommierten Clubs. Alle Stücke von Field wurden schon vor einer Weile geschrieben, ins Bühnenrepertoire integriert und im Lauf der Zeit entweder „rundgespielt“ oder Metamorphosen unterworfen. Etwa indem eine ursprünglich ruhig gedachte Improvisation durch die Energie auf der Bühne einen wesentlich offensiveren Gestus bekam, der bis zur Studioaufnahme beibehalten wurde.
Es gehört zu den Grundprinzipien des Kollektivs, erst dann ein neues Album einzuspielen, wenn die Kompositionen und deren spezifischer Klang in Konzerten ausgearbeitet wurden. Auch in anderer Hinsicht gibt es direkte Verbindungen zwischen Bühne und Studio. Live lässt das Trio gerne mehrere Stücke ineinander übergehen, vermeidet zugunsten von Intensität und Spannungsbögen Pausen zum Klatschen. Konsequent kann Field ohne Pausen zwischen den einzelnen Titeln gehört werden. Es gibt aber Indexmarken zur selektiven Track-Auswahl.
Die Spanne von kammermusikalischer Transparenz zu kraftvollen, mit Verve oder knackiger Vehemenz gespielten Passagen ist auf Field noch größer geworden. Einige der neuen Kompositionen wurden von Anfang an druckvoller angelegt, was wiederum mit der Entwicklung der Bühnenperformance und -technik zusammenhängt. Als studierter Tonmeister ist Pianist Lammel auf Tournee gewissermaßen ein vierter Mann in der Band. Er weiß präzise, mit welchem Equipment leise Stellen brillant-akustisch und voluminöse Klänge, etwa Sub-Bässe und getriggerte Drum-Hiebe, richtig kraftvoll klingen, ohne dass Bass und Schlagzeug den Flügel dabei überlagern. In letzter Zeit treten LLB kaum mehr ohne PA auf, weil sich ihrer Erfahrung nach erst durch umfassende Verstärkung die enormen Unterschiede zwischen feinsinnigen Nuancen und Rock-ähnlichen Crescendi darstellen lassen.
Der gemeinsame Erfahrungsschatz prägt den Sound und das Zusammenspiel des Trios. Jeder hat die Möglichkeit, sich aus der klassischen (Begleiter-)Rolle herauszubewegen. Intuitive Verständigung führt zu absoluter Verlässlichkeit, die in Improvisationen als sicherer Kompass die Richtung weist. Damit einher gehen noch ausgefeiltere Kompositionen. Generell betrachten sich René Bornstein und Andreas Lammel als Song-orientierte Tonsetzer. Vieles auf Field klingt beim ersten Hören weniger komplex als es tatsächlich ist und dieser Effekt ist absolut gewollt. Die Musiker legen Wert auf eine fließende Ästhetik, sind aber nicht darauf aus, ihre überwiegend ungerade Metrik ins Bewusstsein des Publikums zu hämmern. 7/8- oder 5/4-Takte seien vor allem interessant, weil sie auch die Harmonien beeinflussten und sich dadurch neue Bögen ergäben, sagt Hauptkomponist René Bornstein. Erst das Aufbrechen gängiger Rhythmen und Kirchentonleitern öffne Räume für Klangfarben und Strukturen, die nicht nur das Publikum, sondern mitunter auch sie selbst überraschten.
Der Sound von Field ist insgesamt noch etwas direkter geworden. Zudem sei, erklärt das Trio, jede Komposition mit konkreten Stimmungen und persönlichen Bildern verbunden. Wer auf Arrangement-Details achtet ahnt schnell, dass es sich teilweise um recht umfangreiche Partituren handeln muss. Häufig gehen notierte und improvisierte Teile nahtlos ineinander über, trotzdem sind die aufgenommenen Stücke, besonders im Vergleich zu ihren Live-Versionen, relativ kompakt und prägnant gehalten.
Der Aufmacher Dear Robert ist Bornsteins Hommage an einen bekannten deutschen Jazzmusiker, dessen Spielweise das Trio hörbar inspiriert. Last Kiss reflektiert Theorien des Schweizers Ernst Levy (1895-1981), in denen es um „gute“ und „schlechte“ Akkorde geht, die durch Achsenspiegelungen erzeugt werden. Die komplizierte Konstruktion des Stückes macht sich indes nicht wichtig, bleibt vielmehr distinguiert im Hintergrund. Goodnight My Dear bewegt sich gedanklich vom Einschlafen über Abschiede zum Konzept des Loslassens, es intoniert Dramatik durch überlagernde Basslinien und am Ende eine Auflösung in Entspannung. Andreas Lammels Sinfonia spielt mit der Überlegung, wie ein Trio orchestraler klingen kann und kreiert einen langen Bogen im Popsong-Format. Harmonien sind hier dem Impressionismus entnommen, die Polyrhythmik weist auf zeitgenössischen Jazz. Minjung ist eine Art Fortsetzung von Mignon auf der Vorgänger-CD; damals handelte es sich um eine Schumann-Adaption, jetzt um eine eigene Komposition, gesetzt im romantischen Stil. Durch sein Tonmeister-Studium kam Lammel vor einigen Jahren wieder zurück zur europäischen Klassik, von der er als junger Schüler (zunächst Geige, dann Klavier) umgeben war. Da auch Bornstein auf dem Klavier komponiert und als Bassist klug mit dem Bogen umzugehen weiß verwundert es kaum, dass an mehreren Stellen des Albums klassische Einflüsse aufleuchten. Hingegen figuriert Tau als Referenz an das aktuelle Berlin. Grooves und Beats und Lammels quirlige rechte Hand vermitteln Großstadtgetümmel, während der Pianist mit links die enorme Weite des Tempelhofer Felds imaginiert.
Das Areal des stillgelegten Berliner Innenstadt-Flughafens ist ein zentrales Motiv von Field. Der Albumtitel nimmt einerseits Bezug auf den vielfältig genutzten realen Ort, assoziiert darüber hinaus den Begriff des Spielfelds, auf dem sich Lammel | Lauer | Bornstein bewegen und dessen Grenzen sie immer weiter stecken. Das Coverfoto der CD stammt aus dem Video zu Tau, auf das die Musiker zurecht stolz sind. Schon weil sie in wochenlanger Vorbereitung Drehbuch und Schnittfolgen selbst geschrieben und unzählige behördliche Widerstände überwunden haben. Schließlich zerrten sie eigenhändig den eigens dafür angeschafften Flügel vom Begrenzungszaun des Feldes in dessen Mitte. Die Entschlossenheit, eigene Vorstellungen durchzusetzen, zeichnet LLB in vieler, natürlich auch musikalischer Hinsicht aus. Ihr atmosphärischer bis energiegeladener, bei allem Eklektizismus klar definierter Klaviertrio-Sound spricht ein vielfältiges, in diversen Genres beheimatetes Publikum an.
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Lammel Lauer Bornstein – Field (english)
The pianist Andreas Lammel, drummer Florian Lauer and bassist René Bornstein were nominated for the Jazz-Echo prize and received praise from all sides for their album Look At Me, released on Traumton in late 2016. The Austrian magazine Concerto recognized “high intuitive improvisational art”, in the Frankfurter Allgemeine newspaper they wrote: “[LLB] know how to humor their audience without resorting to bold and simple entertainment. [Live] they charge their pieces with more energy, which comes out in greater dynamics and more extensive improvisations.”
For the band’s 10th anniversary they are now releasing Field. In ten self composed pieces and a rather free Chopin adaption, Lammel | Lauer | Bornstein fathom the range between lyrical moments and powerful force more decisively than ever. With great creative drive, they dynamically unite dreamy melodies and harmonic variety, infectious grooves and rhythmically sophisticated structures to a personal and deliberately comprehensible sound.
The new work reflects and documents the development of the past years. Since the release of Look At Me the trio, which describes itself as a steady band of different characters, goes on tours of at least two weeks every spring and every fall. Furthermore LLB played support gigs for Billy Cobham and China Moses, at various festivals and countless renowned clubs. All pieces on Field were already written a while ago, integrated into the live repertoire and over time either developed routine or were subjected to metamorphoses; for example, when an originally calmly conceived improvisation got a much more offensive attitude through the energy on stage. This was maintained until the studio recording.
The range from chamber musical transparency to powerful passages played with crisp vehemence is even wider on Field. The shared wealth of experience shapes the trio’s sound and interplay. Everyone has the opportunity to step out of their classic (accompanist-)role. Intuitive understanding results in absolute reliability, which leads the way through improvisations like a compass. This also results in more elaborate compositions. At first listening a lot of pieces on Field sound less complex than they are and this effect is absolutely intentional. The musicians value a flowing aesthetic, but are not after hammering their predominantly odd meters into the awareness of the audience. 7/8 or 5/4 time signatures are especially interesting, because they also influence the harmonies and result in different arcs of tension, the main composer René Bornstein says. Only the abandoning of common rhythms and church modes opens space for new tone colors and structures, which don’t only surprise the audience, but occasionally also surprise themselves.
The overall sound of Field has become even more direct. Moreover, each composition is associated with a specific mood or personal images, the trio explains. Often notated and improvised parts seamlessly merge into one another and still the recorded pieces are relatively compact and concise, especially compared to their live versions. Despite all eclecticism the modern piano trio sound of Lammel | Lauer | Bornstein is clearly defined and speaks to diverse audiences of various genres.