Release April 24, 2020
EAN/UPC: 705304468821
Traumton CD: 4688
Lineup
Julian Bossert: alto saxophone, flute (lead) Theresia Philipp: alto saxophone, clarinet Matthew Halpin: tenor & soprano saxophone Sebastian Gille: tenor saxophone, clarinet Heiko Bidmon: baritone saxophone, bass clarinet
Andy Haderer: trumpet, flugelhorn (lead, except for Marble pt. 2 & Stapel) Felix Meyer: trumpet, flugelhorn (lead on Marble pt. 2) Bastian Stein: trumpet, flugelhorn Heidi Bayer: trumpet, flugelhorn
Klaus Heidenreich: trombone (lead) Shannon Barnett: trombone Janning Trumann: trombone Jan Schreiner: bass trombone
Simon Seidl: piano, fender rhodes Sandra Hempel: guitar Matthias Akeo Nowak: bass Fabian Arends: drums
as guest
Lorenzo Ludemann: lead trumpet on Stapel
Supported by
Info / Info english
Hendrika Entzian+ – Marble
2018 wurde Hendrika Entzian mit dem WDR Jazzpreis in der Sparte Komposition ausgezeichnet. Davor hatte die 1984 geborene Kontrabassistin mit dem nach ihr benannten, 2012 gegründeten Quartett zwei Alben (Turnus 2015 und Pivot 2017) bei Traumton veröffentlicht, die weithin gelobt wurden. Ralf Dombrowski hob im Jazzthing besonders Entzians Qualitäten als Bandleaderin hervor: „Tatsächlich klingt […] in sich geschlossen und musikalisch unaufgeregt souverän. Das liegt an den Kompositionen, die die Balance zwischen improvisierender Offenheit und rahmender Struktur wahren.“ Im österreichischen Musikmagazin Concerto war zu lesen: „Einem oberflächlichen und unaufmerksamen Hörgang wird die nuancierte Eleganz […] verschlossen bleiben. All jenen, die an pointierter, songhaft prägnant verdichteter musikalischer Intelligenz und ruhig vorgetragenem, schönem Spiel Gefallen finden können, sei die CD empfohlen.“
Parallel zu ihrer Arbeit mit dem Quartett begann Hendrika Entzian, Kontakte zu bekannten Großformationen zu vertiefen Mehrfach komponierte sie für die WDR-Bigband und das niederländische Metropole Orkest (das neben einem erweiterten Bläser- auch einen Streichersatz umfasst). Zu Entzians Preisträgerkonzert im Rahmen des WDR-Jazzfests 2018 schrieb Stefan Hentz im Jazzpodium: „mit ihrer facettenreichen Komposition dokumentiert [Entzian], wie viel klanglicher und struktureller Spielraum noch in dem Format Big Band steckt.“
Im gleichen Jahr stellte sie, mit Blick auf die anstehende CD-Produktion, ihr eigenes Ensemble Hendrika Entzian+ zusammen. Dabei bilden ihre Quartett-Partner Matt Halpin (sax), Simon Seidl (p) und Fabian Arends (dr) gleichermaßen Rückgrat und Antriebseinheit. Im Dezember 2018 versammelte sich die 17 Spieler*innen umfassende Band im Kölner Loft-Studio, um die Musik für das Album Marble aufzunehmen. In sieben Stücken mit insgesamt 54 Minuten Spieldauer präsentiert Hendrika Entzian nun ihre persönliche Definition einer zeitgemäßen Bigband. Schon der gut achtminütige Aufmacher Weekdays zeigt eindrücklich, wohin die Reise geht. Das Stück umfasst ein melodisches Leitmotiv und fast filmische Sequenzen, überraschende Breaks und Einschübe, gleißende und pointiert anschwellende Bläser, dynamische Wechsel und agile Drum-Einsätze. Die bemerkenswerte Vielfalt wird gekrönt durch zwei ausdrucksstarke Soli von Sebastian Gille (Tenorsaxophon) und Bastian Stein (Trompete). Zwar stammt Weekdays wie einige weitere Titel auf Marble ursprünglich aus dem Repertoire des Quartetts, naturgemäß klingen diese aber nun ganz anders. Komplett neu sind dagegen das Titelstück des Albums sowie Stapel und Limona; letzteres schrieb Entzian eigens für das Ensemble.
Hendrika Entzian reizt der je nach Bandgröße ganz unterschiedliche Umgang mit ihren Kompositionen. Natürlich auch die Chance, vertrauten Stücken neue Facetten hinzuzufügen. „Die großen Versionen erzählen ganz andere Geschichten. Bei einem Quartett finden alle Beteiligten intuitiv ihren Weg durch eine Komposition, für die Bigband muss die Dramaturgie viel stärker im Voraus durchdacht werden. Etwa wie Intros oder Zwischenspiele angelegt sind, welche Klangfarben sich durch die Vielfalt der Instrumente kreieren lassen, wo der Höhepunkt platziert wird und wer ein Solo bekommt.“
Auf den ersten Blick scheinen zwischen einem beweglichen, von Spontaneität geprägten Quartett und dem klanggewaltigen, aber nur langsam die Richtung wechselnden „Tanker“ Bigband Welten zu liegen. Tatsächlich gelingt es Entzians Gestaltungswillen, diese strukturelle Kluft zu überbrücken. Inspiriert vom Quartett denkt sie in ihren Arrangements vom Kleinen in Große, überträgt interaktive Elemente und öffnet Räume für die individuelle Ausdruckskraft der Musiker*innen. „Wichtig ist, dass das Ensemble trotz seiner Größe und der durchkomponierten Musik beweglich und spontan bleibt und seine großartigen Improvisatoren in Szene setzen kann. Deswegen habe ich nicht ein bereits bestehendes Orchester angefragt, sondern diese Band gegründet. Die Musik wird nur lebendig, wenn die Beteiligten ihren persönlichen Sound dazu geben.” Als Beispiel nennt Entzian das markante Doppelfeature der beiden Tenoristen Halpin und Gille in Limona.
„Ein zentrales Thema der aktuellen Bigband-Musik ist: wie werden Soli in so eine große Band eingebettet und welchen Anteil haben Improvisationen?“, findet Entzian. In ihrem Ensemble setzen neben den bereits genannten Solisten Gille, Stein und Halpin unter anderem die australische, über New York nach Köln gekommene Posaunen-Virtuosin Shannon Barnett (in Pivot) und die Hamburger Gitarristin Sandra Hempel (in 3/4 Rück) improvisatorische Zeichen. Übrigens: Barnett wird 2020 mit dem WDR-Jazzpreis ausgezeichnet.
Der Titel des Albums spiele mit der Doppelbedeutung des englischen Wortes, Murmeln und Marmor, rund und fest, erklärt Entzian. „Ich mag die fließenden Strukturen, die sich in Marmor finden, und die dadurch möglichen Perspektivwechsel.“ Dass es zu Marble Pt.2 keinen ersten Teil auf der CD gibt, hat einen profanen Grund: der 2. Teil wurde einfach eher fertig, während die ursprüngliche Idee, aus der Part 2 abgeleitet wurde, noch ihrer Ausarbeitung herrscht.
Großensembles liegen nicht nur unter Musikern im Trend. Viele weiterführende Schulen sowie jede Universität haben heute eine eigene Bigband, allerorten entstehen neue umfangreiche Formationen mit eigenem Sound. Entzian und ihre Musiker*innen vereinen Aspekte zeitloser orchestraler Farbigkeit, individuelle Ideen und kluge Themenentwicklung. Mit Energie, Spielfreude und Klangfülle kann Hendrika Entzian+ ein vielschichtiges, auch jüngeres Publikum begeistern.
Hendrika Entzian + – Marble (english)
In 2018 Hendrika Entzian was awarded the WDR Jazz Prize in the category of composition. Before that, the double bass player, born in 1984, had released two widely acclaimed albums (Turnus 2015 and Pivot 2017). They were both recorded with the quartet named after her, which was founded in 2012, and were released on Traumton. In Jazzthing, Ralf Dombrowski particularly emphasized Entzian’s qualities as a bandleader: „In fact, […] sounds complete and musically effortlessly confident. This is due to the compositions which maintain a balance between improvisational openness and the framing structure.“ The Austrian music magazine Concerto wrote: „The nuanced elegance will remain undetected in a superficial and inattentive listening. The CD is recommended for those who enjoy refined, songlike, concisely condensed musical intelligence and calmly performed, beautiful playing.“
Parallel to her work with the quartet, Hendrika Entzian began intensifying contacts with well-known large formations. She has composed several works for the WDR Big Band and the Dutch Metropole Orkest (which includes not only an extended wind section, but a string section as well). About Entzian’s prizewinner’s concert at the WDR Jazz Festival 2018, Stefan Hentz wrote in Jazzpodium: „With her multifaceted compositions, [Entzian] demonstrates how much tonal and structural potential still lurks in the big band format.“
In the same year, in anticipation of the upcoming CD production, she put together her own ensemble Hendrika Entzian+. Her quartet partners Matt Halpin (saxophone), Simon Seidl (p) and Fabian Arends (dr) are its backbone and driving force. In December 2018, the band consisting of 17 musicians gathered in the Loft-Studio in Cologne to record the music for the album Marble. In seven pieces with a total playing time of 54 minutes, Hendrika Entzian is presenting her personal definition of a contemporary big band. The eight-minute opener „Weekdays“ already shows impressively where the journey is heading. The piece features a melodic leitmotif and almost cinematic sequences, surprising breaks and insertions, glistening and pointedly swelling brass, dynamic changes and agile drumming. The remarkable versatility culminates in two expressive solos by Sebastian Gille (tenor saxophone) and Bastian Stein (trumpet). Although „Weekdays“, like some other titles on Marble, originally comes from the quartet’s repertoire, it naturally sounds quite different now. Completely new, however, are the album’s title track as well as „Stapel“ and „Limona“; the latter was written by Entzian specifically for the ensemble.
Hendrika Entzian enjoys the completely different approaches to her compositions, depending on the size of the band. And of course also the chance to add new facets to familiar pieces. „The large versions tell entirely different stories. In a quartet, all participants intuitively find their way through a composition, for the big band the dramaturgical structure must be thought through much more in advance; for example, how intros or interludes are arranged, which timbres can be created by the variety of instruments, where the climax is placed and who gets a solo.“
At first glance, there seem to be worlds between a flexible, spontaneous quartet and the powerful sounding, but only slowly direction-changing „tanker“ big band. Nevertheless, Entzian’s creative will succeeds in bridging this structural divide. Inspired by the quartet, she thinks from small to big in her arrangements, transfers interactive elements and opens up spaces for the individual expressiveness of the musicians. „It is important that the ensemble, despite its size and through-composed music, stays agile and spontaneous and can showcase its great improvisers. That’s why I didn’t ask an already existing orchestra, but formed this band instead. The music only comes alive when the participants add their personal sound to it.“ As an example, Entzian mentions the striking double feature of the two tenor saxophonists Halpin and Gille on „Limona“.
„A central theme for current big band music is: how are solos embedded in such a large band and which part does improvisation play,“ says Entzian. In addition to the aforementioned soloists Gille, Stein and Halpin, the Australian trombone virtuoso Shannon Barnett (in „Pivot“), who came to Cologne via New York, and the Hamburg guitarist Sandra Hempel (in „3/4 Rück“) add improvisational accents to her ensemble. By the way: Barnett will be awarded the WDR Jazz Prize in 2020.
The title of the album plays with the two meanings of the word, marbles and marble, round and firm, Entzian explains. „I like the flowing structures found in marble and the changes of perspective they allow.“ The fact that there is no first part to „Marble Pt.2“ on the CD has a rather mundane reason: the second part was simply finished earlier, whilst the original idea, from which Part 2 was derived, is still work in progress.
Large ensembles are not only trending among musicians. Many secondary schools and universities now have their own big band, and everywhere new large formations with an own sound are emerging. Entzian and her musicians unite aspects of timeless orchestral colorfulness, individual ideas and clever thematic development. With their energy, joy in playing and richness in sound, Hendrika Entzian+ can inspire a diverse, also younger audience.